Frau X aus der HR-Abteilung und Herr Y aus der IT (um bei den geschlechter-spezifischen Rollen zu bleiben) sollen sich auf eine Personal-Software einigen. Sie wissen in etwa, was ihr Unternehmen benötigt und fragen sich: Welche Details sind bei einer „vernünftigen“ HR-Software state-of-the-art?
Ich nehme dieses Beispiel und leite es an mein Netzwerk an HR-Software-Anbieter weiter. Mit der Zusatz-Frage: wer ist üblicher Weise Ihr Endkunde im Unternehmen?
Experten-Interview
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Los geht’s:
Welche Details sind bei einer „vernünftigen“ HR-Software state-of-the-art?
Mir ist schon klar, dass die Antwort abhängt von diesem und jenem. Letztendlich vom Kundenbedürfnis. Doch was sollte der Kunde voraussetzen können, der auf der Suche nach einer – individuell geeigneten – HR-Software ist?
Mag. Michael Friedwagner (Infoniqa): Eine vernünftige HR-Software muss den gesamten Employee Life Cycle abdecken können, d.h. von der Stellenplanung über Bewerbermanagement, Onboarding und Personalmanagement bis zu Personalentwicklung sowie Bildungs-, Kompetenz- und Organisationsmanagement inkl. Reporting und ESS/MSS-Funktionen. State of the art ist jedoch nicht nur ein beeindruckender Funktionsreichtum, sondern auch eine gute Integration ins Gesamtsystem für einen optimalen Datenaustausch, also in Payroll-Systeme, Zeitwirtschaft und die restliche IT-Infrastruktur. Grundsätzlich sollte man außerdem ein Mindestmaß an Usability voraussetzen, damit die Software intuitiv bedient werden kann und jeder Mitarbeiter des Unternehmens innerhalb der HR-Software nur die Funktionen und Daten benutzen bzw. sehen kann, die für denjenigen relevant sind.
Zuletzt muss eine vernünftige HR-Software auch in einer verteilten und/oder internationalen Organisation einsetzbar sein. Voraussetzung dafür ist Webfähigkeit, Mehrsprachentauglichkeit und ein HR Portal als Basis für unternehmensübergreifendes Personalmanagement sowie eine perfekte Skalierbarkeit. Nur so ist gewährleistet, dass die Software unabhängig von Unternehmensgröße und -branche auf die individuellen Anforderungen angepasst werden kann.
Mag. Matthias Dietrich (rexx systems): Stammdatenverwaltung, Dokumentenmanagement, unterschiedliche Prozessunterstützungen, modularer Aufbau sowie verschiedenen Self Services sind bei einer modernen HR Software mittlerweile state-of-the-art. Im Detail können diese Funktionen aber sehr unterschiedlich umgesetzt sein. Flexibilität und Integration der einzelnen Module spielen unserer Ansicht nach dabei eine sehr große Rolle für die Praxistauglichkeit.
Mag. Wolfgang Gastager (JoinVision E-Services): Die Integration von automatischem CV Parsing, Job Parsing und intelligentem Matching von Bewerbern auf offene Stellen (Semantic Matching) gehört mittlerweile zum guten Ton im Bewerbungsprozess. Bewerbermanagementsysteme ohne automatische Verarbeitung eingehender Bewerbungen gelten als veraltet. Dies bringt nicht nur eine erhebliche Entlastung für Recruiter und Sachbearbeiter, auch Kandidaten, insbesondere die oft zitierten „High Potentials“ sind immer weniger Willens, seitenweise Formulare auszufüllen, um sich auf eine Stelle zu bewerben. Die automatische semantische Verarbeitung bietet außerdem die Grundlage für das sogenannte „Robot Recruiting“, welches den nächsten Evolutionsschritt im Bewerbungsprozess darstellt. Neben dem automatischen Verarbeiten von Bewerbungsunterlagen gibt es mittlerweile auch Produkte, die sich den stark im Trend liegenden Bewerbungsvideos widmen. Auch diese sollte eine moderne HR-Software nicht außer Acht lassen. Last but not least ist auch das Bewerben via mobiler Devices längst kein Nischenthema mehr, folglich sollte ein modernes Interface auch mobil intuitiv nutzbar sein.
Wer ist üblicher Weise Entscheidungsträger bei der Auswahl einer geeigneten HR-Software? Wer ist der Endkunde für HR-Software-Anbieter?
Dipl.-Betriebswirt (BA) Jonathan Martin, MBA (tisoware): Endkunden in diesem Sinne sind sowohl die Fachabteilungen – also die Bereiche Personal, Controlling oder Lohnverrechnung – als auch die IT. Je nach Projekt beeinflussen Entscheider aus diesen Bereichen die Produktauswahl und verantworten nach der Einführung den Betrieb. Bei der Entscheidung ist zudem sehr häufig das C-Level involviert, wenn es um die Ziele geht, die mit der Implementierung einer Anwendung erreicht werden und so einen Beitrag zu den Gesamtzielen leisten sollen.
Hanno Renner (Personio): Unser eigentlicher Endkunde sind die Entscheider und Personalverantwortlichen des Unternehmens. Letztendlich profitieren alle Mitarbeiter von Personio, da jeder einzelne von diesen durch Employee Self Service direkt in Personalprozesse mit einbezogen wird. Mitarbeiter können beispielsweise selbstständig Urlaub beantragen, ihre Gehaltsabrechnung herunterladen oder ihre Adresse ändern.
Mag. (FH) Johannes Kreiner (Sage): Unsere Endkunden sind die Mitarbeiter der Personalabteilung, Lohnverrechner sowie Steuerberater. Sie setzten Sage DPW in ihrer täglichen Arbeit ein, sei es im Zeitmanagement, in der Lohn- und Gehaltsverrechnung, im Bewerbermanagement und vieles mehr. Wer letztendlich die Entscheidung für die Auswahl der richtigen Software trifft, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Meist ist natürlich die Geschäftsführung involviert, Personalabteilung und oft auch IT sind in dem Auswahlprozess aber auf jeden Fall auch maßgeblich beteiligt.
Stichwort Digitalisierung in der HR: Welche Anforderung stellt das an eine professionelle HR-Software?
Mag. (FH) Johannes Kreiner (Sage): Wir befinden uns in einem Zeitalter der digitalen Transformation. Fast jeder besitzt heute ein Smartphone. Die Digitalisierung macht auch vor der HR-Software nicht halt. Viele Mitarbeiter sind beruflich ständig auf Achse und möchten Ihre Zeiten und Reisen gleich von unterwegs buchen. Da ist es wichtig eine entsprechende Lösung anzubieten. Wir haben beispielsweise ein Zusatzmodul, wo Reisen, Zeiten, Krankmeldungen und Urlaubsanträge gleich via Smartphone oder Tablet erfasst werden können und der aktuelle Nettozettel verfügbar ist. Aber ich denke man muss hier ständig weiter entwickeln. Zusätzliche Funktionen, wie beispielsweise mobile Freigaben und Genehmigungen für Führungskräfte kann ich mir gut vorstellen.
Was ist State-of-the-Art einer „vernünftigen HR-Software?
Die Gesprächspartner
Hanno Renner Personio GmbH Mag. (FH) Johannes Kreiner Sage GmbH Dipl.- Betriebswirt (BA) Jonathan Martin, MBA tisoware Vertriebs- und Support GmbH Mag. Matthias Dietrich rexx systems GmbH Mag. Michael Friedwagner Infoniqa Mag. Wolfgang Gastager JoinVision E-Services GmbH |