Eine starke Arbeitgebermarke lebt u.a. von Markenbotschaftern. Mein Experten-Interview durchleuchtet heute die praktischen Schritte um dabei zielsicher die in die richtige Richtung einzuschlagen. Markenbotschafter werden die Mitarbeiter letztendlich nicht von heute auf morgen, da lauern noch ein paar Herausforderungen.
Experten-Interview
.
Markenbotschafter einerseits und Arbeitgebermarke auf der anderen Seite? Nein, so ist die Fragestellung keineswegs gemeint, vielmehr geht beides Hand in Hand und keines funktioniert ohne da Andere. Genug der mitunter leeren Worthülsen, vielleicht schmeckt es mir besser mich direkt hineinzustürzen.
Los geht’s:
Welche besonderen Herausforderungen birgt der Aufbau einer Arbeitgebermarke?
Mag. Gabriele Fischereder (getbestfit): Eine zentrale Herausforderung besteht drin, sich von andere Arbeitgebern zu unterscheiden und positiv am Arbeitsmarkt hervorzustechen. Sehr oft finden sich in der Bewerberkommunikation die ewig gleichen Phrasen wieder. Es scheint oft so, als würden Stellenanzeigen voneinander abgeschrieben. Da kann ein Inserat noch so toll gestaltet sein, wenn dem Bewerber nicht klar ersichtlich ist, was den Arbeitgeber wirklich ausmacht, worin er besondere Stärken vorweisen kann, wird es schwer einen Werteabgleich zu machen und herauszufinden, wo die kulturelle Passung am ehesten stimmt.
Oft begegnen uns in der Praxis auch Betriebe, die sagen: Was soll ich denn kommunizieren als Arbeitgeber? Wir haben noch so viele Dinge, die wir besser machen müssen, um bei der Zielgruppe als attraktiv wahrgenommen zu werden. In diesem Fall ist es ratsam, so rasch wie möglich die größten „Baustellen“ anzupacken, damit hier Stück für Stück Verbesserungen erzielt werden. Ich ermutige Firmen aber auch dazu, Schwachstellen nicht zu verstecken, sondern ganz offen damit umzugehen. Ganz nach dem Motto: „Wir wissen, dass wir hier noch besser werden müssen und arbeiten daran. Dafür gibt es bei uns aber andere reizvolle Aspekte, wie z.B. …“. Das stärkt die Glaubwürdigkeit ungemein und wirkt zudem sympathisch.
Welche noch?
Herbert Kling (meinungsraum.at): Authentizität. Sie ist zugleich Herausforderung, als auch Schlüssel für die erfolgreiche Arbeitgebermarke. Was nach außen hin kommuniziert wird, muss auch nach innen gelebt werden und an die Mitarbeiter richtig kommuniziert werden. Es ist kein Geheimnis, dass die Mitarbeiter eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste, Aushängeschild sind für ein Unternehmen. In unserer jüngsten Studie zu dem Thema haben 70 % der Befragten angegeben, dass Aussagen von bestehenden, sowie ehemaligen Mitarbeitern, wesentlich sind für die Wahl des Arbeitgebers.
Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence): Ehrlichkeit zu sich selbst ist die tragende Säule beim Aufbau einer nachhaltig erfolgreichen Arbeitgebermarke. Jedes Unternehmen hat seine Eigenheiten, seine Ecken und Kanten. Und das ist gut so. Dabei gilt es diese zu akzeptieren, um authentisch nach innen und außen aufzutreten. Sprich sich den Spiegel vorhalten und ganz genau hinzusehen. Kann man das nicht oder sieht man Etwas was einem nicht gefällt, muss man noch einen Schritt zurück und mit Themen wie Werte und Kultur starten, bevor man sich der Employer Brand widmen kann.
Wie sehen idealer Weise die ersten Schritte im Unternehmen aus, um Employer Branding zu starten und dabei Markenbotschafter zu generieren?
Herbert Kling (meinungsraum.at): Erfolgreiches Employer Branding beginnt mit dem Blick ins Innere. Es ist wesentlich sich mit der eigenen Unternehmensidentität zu beschäftigen und die richtigen Fragen zu stellen. Wie möchten wir wahrgenommen werden? Wofür stehen wir überhaupt und was zeichnet uns als Arbeitgeber aus? Wichtigste Quelle für diese Informationen sind die eigenen Angestellten. Eine Mitarbeiterbefragung liefert nicht nur Antworten auf diese Fragen, sie ermittelt auch den Status Quo der allgemeinen Zufriedenheit. Wo gibt es noch Raum für Verbesserung? Denn zufriedene Mitarbeiter sind immer noch die besten Markenbotschafter. Innovative Befragungstools ermöglichen heutzutage nicht nur rationale Entscheidungen nachzuvollziehen, sondern gewähren auch Einblicke was auf emotionaler Ebene bewegt. Ein ausschlaggebender Aspekt bei der Ansprache von potentiellen Bewerbern.
Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence): Zu allererst sollte man sich die Fragen „Wer bin ich?“ und „Wofür stehe ich als Arbeitgeber?“ beantworten. Um diesen Prozess effizient und ehrlich abzubilden kann eine externe Begleitung sehr hilfreich sein. Leider weicht in sehr vielen Unternehmen die Sichtweise der Führungskräfte von der Wahrnehmung der Mitarbeiter ab. Deshalb sollte unbedingt eine breit angelegte Befragung durchführt werden, damit man die Arbeitgebermarke auf ein starkes, akzeptiertes Fundament, sprich unternehmensweit gelebte Kultur, bauen kann.
Wie noch?
Mag. Gabriele Fischereder (getbestfit): Idealerweise wird im Unternehmen ein multiprofessionelles Team bestehend aus Human Resources, Marketing und der Geschäftsführung mit dem Thema Employer Branding betraut. Zusätzlich kann ein externer Profi an Bord geholt werden, der professionelle Beratung und Prozessbegleitung sowie einen neutralen Blick von außen sicherstellt. Dann geht es zunächst daran, eine gute Ausgangsbasis zu schaffen und bestehende Informationen zusammenzutragen z.B. Ergebnisse aus früheren Mitarbeiterbefragungen, Erkenntnisse aus Austrittsgesprächen, Beispiele der bisherigen Bewerberkommunikation, Vision und Leitbild des Unternehmens. Wichtig ist auch, die strategische Planung und Ausrichtung für die kommenden 5-10 Jahre schon von Beginn an in sämtliche Employer Branding Überlegungen miteinzubeziehen.
Karin Krobath (Identitäter): Identifikation und Markenbotschafter-Dasein kann man nicht verordnen, sie muss wachsen. Dafür brauchen Menschen viele positive, persönliche Erfahrungen. Als Unternehmen muss ich Kristallisationskerne anbieten, die gemeinsames Erleben fördern und ich muss vor allem auf meine Führungskräfte setzen. People join companies and leave managers – das bringt die Sache ziemlich auf den Punkt. Die direkte Führungskraft hat den größten Einfluss auf das Commitment des Einzelnen.
Worin liegen die häufigsten Fehler dabei?
Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence): Sehr oft erleben wir, dass sich die handelnden Personen nicht die nötige Zeit für so ein Projekt geben. Man möchte raschen Erfolg und bespielt dann ohne nachhaltiges Konzept Kanäle und Plattformen und ist dann überrascht, dass sich die Follower oder Likes nicht vermehren. Employer Branding ist keine Einzelaktion und beginnt im Inneren eines Unternehmens!
Mag. Gabriele Fischereder (getbestfit): Neben der Tatsache, dass viele Arbeitgeber im Employer Branding leider austauschbare Bewerberkommunikation produzieren (siehe auch Frage 1), liegt wohl einer der häufigsten Fehler darin, dass zwar Personalmarketing gemacht wird, es sich dabei aber oft nur um losgelöste, punktuelle Maßnahmen ohne strategisches Gesamtkonzept handelt. Zumeist wird Employer Branding auch nur als Marketinginstrument für externe Zielgruppen gesehen und dabei auf die internen Anspruchsgruppen wie Führungskräfte und Mitarbeiter vergessen. Das beginnt schon bei der Entwicklung einer Arbeitgebermarke. Wer da nicht von Beginn an auf die Mitarbeit und Expertise der bestehenden Belegschaft baut, wird möglicherweise inhaltlich auf die falschen Pferde setzen und sich später auch schwer tun, internes Commitment für die Arbeitgebermarke zu erreichen und sie zum Leben zu erwecken.
Herbert Kling (meinungsraum.at): Die unternehmensinterne Kommunikation ist ein oft vernachlässigter Faktor. Wie viele von Ihren Mitarbeitern kennen und identifizieren sich tatsächlich mit den Unternehmenszielen und -werten? Während für die externe Kommunikation meist ein verhältnismäßig großes Budget veranschlagt ist, hat die Kommunikation zu den eigenen Mitarbeitern einen eher geringen Stellenwert. Ein weiterer häufiger Fehler ist, dass oben genannte Befragungen zwar meist in irgendeiner Form stattfinden, aber es danach an der Umsetzung mangelt oder Mitarbeiter nicht ausreichend eingebunden und informiert werden. Eine verpasste Chance Mitarbeiter zu binden und zu begeistern, denn: was innen nicht brennt, kann außen nicht leuchten.
Wie sehen die langfristigen Schritte im Unternehmen aus, um Employer Branding auf jeden Fall erfolgreich zu halten?
Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence): Hat man die Arbeitgebermarke definiert und lebt diese nach innen plus kommuniziert diese nach außen, gilt es neben dem sehr zahlenorientierten Employer Brand Controlling, regelmäßige Check-Ups mit seinen Zielgruppen durchzuführen und offen für neue, verschiedene Kommunikationsformen und -kanäle zu sein. Ein Employer Branding Projekt kann zwar in abgeschlossene Teilprojekte zerlegt werden – und sollte auch in kleinen Dosen betrieben werden – jedoch wird man nie damit fertig sein, es wird sich eher als kontinuierliche Tätigkeit(en) im Unternehmen etablieren.
Herbert Kling (meinungsraum.at): Der langfristige Erfolg kann nur gewährleistet sein, wenn das Employer Branding im Gesamtbranding eines Unternehmens integriert ist. Erst das stimmige Gesamtbild vermittelt Glaubwürdigkeit. Daher ist eine ganzheitlich marktorientierte Unternehmensführung unter Einbeziehung der verschiedenen Abteilungen wie Human Resources, Marketing, Corporate Culture, u.a. zu befürworten.
Employer Branding | Der Aufbau einer Arbeitgebermarke mit Markenbotschaftern
Die Gesprächspartner: Arbeitgebermarke & Markenbotschafter
Dieses Interview fokussiert sowohl Arbeitgebermarke als auch Markenbotschafter.
Mag. Gabriele Fischereder getbestfit Karin Krobath Identitäter Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA Bud & Terence GmbH Herbert Kling meinungsraum OnlinemarktforschungsgmbH |