Experten-Interview
Weshalb ist Projektmanagement in New Work noch wichtiger als bisher? Welche Rolle spielt es?
Anna-Maria Muck (next level consulting Österreich): New Work beinhaltet auch ein immer größeres Organisieren in Netzwerken statt in Hierarchien. Durch das Netzwerken entstehen – im Sinne der Innovation – mehr Ideen und daraus resultieren dann auch Projekte.
Eduard Klein (frontline consulting group): Projektmanagement richtet sich mehr nach den objektiven Zielen und Ergebnissen eines Projektes und nicht so stark nach den Präsenz- und Rahmenbedingungen. In New Work ist durchaus denkbar (und so sagen es auch die Vorhersagen über das Arbeitsmodell der Zukunft voraus), dass die Mitarbeiter an verschiedenen Orten gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Es werden verstärkt Talent Pools gebildet aus denen sich punktuell der richtige Spezialist engagiert, der in der Materie tief gehendes Expertenwissen hat. Die Erfüllung des zeitlichen, inhaltlichen, wirtschaftlichen Vorgaben und besonders der Qualität sind im Projektmanagement maßgeblich richtungsweisend. Die Präsenz des einzelnen spielt eine untergeordnete Rolle. Für Meetings können moderne Hilfsmittel wie WebMeetings eingesetzt werde. Ein professionelles Projektmanagement wird immer wichtiger, deshalb nimmt die Projektarbeit auch ständig zu. In IT Unternehmen arbeiten heute bereits 45% der Mitarbeiter in Projekten, mit steigender Tendenz. Die Arbeitswelt steht damit vor großen Veränderungen und die Herausforderungen für die Unternehmen sind immens. Man bewegt sich von Projekt zu Projekt statt sein Leben lang für nur einen Arbeitgeber zu arbeiten. Die befristeten Engagements sorgen einerseits für mehr Freiheit und die Möglichkeit, sich besser selbst zu verwirklichen. Projektpausen werden für Sabbaticals, Weiterbildung oder Familienplanung genutzt. Gleichzeitig steigt aber auch der Druck, auf seinem Gebiet ein wahrer Experte zu sein, denn man muss sich immer wieder neu bewerben und seine Expertise beständig aufbauen und nachweisen, z.B. durch Zertifikate. Unternehmen haben die Herausforderung, Talente projektübergreifend ans Unternehmen zu binden, damit das Know-how nicht das Unternehmen verlässt und gleichzeitig das Wissen mit „Lessons Learned Dokumentation“ im Unternehmen zu behalten.
Mag. Lorenz Gareis (Roland Gareis Consulting): Das häufig verschriene, klassische Projektmanagement hat in einem New Work Umfeld – zu Recht – keinen Platz mehr. Klassisches Projektmanagement bedeutet für mich, dass ein mechanistisches Projektverständnis – und kein systemisches – zu Grunde liegt und man einem „Plan & Control“ Paradigma folgt. „Erfolgreiches“ Projektmanagement wird über die Einhaltung von Projektplänen definiert.
Wir sehen gerade jetzt die große Chance, Projektmanagement zu entstauben, zu entbürokratisieren und die Sensibilität für den Modernisierungsbedarf zu steigern. Die New Work Bewegung bietet viel Synergiepotenzial, z.B. sind höhere Eigenverantwortung, sinnstiftende Arbeit, Flexibilität oder wertebasierte Führungsmodelle fixe Bestandteile von „New Work“ und auch im modernen Projektmanagement unerlässlich.
Change by Projects! Ein „New Work“-Umfeld in einer Organisation zu etablieren stellt einen Change dar. Wir verwenden Projekte zur Strukturierung von Changes. Ohne Projekte also kein Change – und damit kein „New Work“ Umfeld.
Markus Feistritzer (VOON-Management): Flexiblere Arbeitsmodelle und Digitalisierung schaffen neue Herausforderungen und bedingen somit einen erhöhten Bedarf an Projektmanagement. Auch durch den Fachkräftemangel wird die abteilungs- und länderübergreifende Zusammenarbeit immer mehr. So nehmen die globalen Teams zu, die sich via Skype und Email abstimmen. Diese Konstellationen bedingen damit auch eine besondere Ausstattung mit Spezialequipment und Meetingräumen und natürlich auch die Koordination dieser Teams – klassische Projektarbeit. Auch das Schlagwort „Agilität“ spielt in Bezug auf die zunehmende Bedeutung von Projektmanagement eine zentrale Rolle. Alles muss agiler werden, um mit der schnelllebigen, innovativen Welt Schritt halten zu können. Daher neigen Unternehmen zu der Tendenz neue Organisationsformen aufzubauen. Also zur klassischen Unternehmensstruktur werden mehr und mehr Projektteams aus den Abteilungen heraus gebildet. Diese Entwicklung zeigt beispielsweise auch klar die bso-Studie 2012: Beinahe 2/3 der Unternehmen gaben an, dass Projektarbeit die klassischen Routinearbeiten im Büro ablöst. Und die Projektarbeit ein Erfolgsfaktor zum Wissenstransfer darstellt.
Mag. (FH) Gerda Hechinger (mein weg): Projektmanagement ist bei vielen technisch orientierten Themenstellungen schon gut etabliert – auch für klassische Unternehmensberatungen, Effizienzprojekte usw. ist es „normal“, sich für einen ganz bestimmten Auftrag einen Projektmanager ins Haus zu holen. Im Vordergrund sind die Anwendung des Projektmanagement-Tools und erfolgreich war dann das Projekt wenn alle Ziele und Ergebnisse des Projekts erreicht sind. Die provokante Frage: wer ist für das „Leben“ mit den neuen Outputs verantwortlich, wer misst nach Monaten, wie Nachhaltigkeit der Projektmanagement-Ziele?
Noch sehr stiefmütterlich behandelt sind im Projektmanagement noch die neuen/strategischen Themenbereiche wie z.B. General Management, (Wachstums)Strategie, HR als strategischer Business Partner, Changemanagement, Leadership/Agilität, digitale Transformation/Arbeitswelten u.v.m. – hier ist die reine Projektmanagement-Tool-Anwendung oft schwieriger, da es die menschliche Komponente leider zu wenig mitnimmt sowie die Etablierung in der Linie.
Die Gesprächspartner
Anna-Maria Muck next level consulting Österreich GmbH Eduard Klein frontline consulting group Mag. (FH) Gerda Hechinger mein weg Mag. Lorenz Gareis Roland Gareis Consulting GmbH Markus Feistritzer VOON-Management GmbH |