Kürzlich berichteten wir im HRweb über Führungskräfte-Ausbildungen pre-Krise versus post-Krise, also Vergangenheit versus Status quo. Wie sieht die Zukunft aus? Eva Selan möchte nicht in die Kristallkugel blicken und auch keinen Kaffeesud lesen, sondern wendet sich für das HRweb wieder an die Expertenrunde.
Welche Trends sehen Sie … österreichweit?
Thomas Kalian (Berlitz Austria GmbH): Österreichweit ist eine weitere Internationalisierung zu bemerken, bspw. indem die Unternehmenssprache auf Englisch umgestellt wird, interkulturelle Trainings immer wichtiger werden, aber auch aktuelle Themen, wie bspw. Diversity Management, eine breitere Beachtung finden. Dies verpflichtet uns als Partner in der Weiterbildung dazu, unsere Produkte laufend zu erweitern und weiter zu entwickeln. Dadurch sind unsere Dienstleistungen immer auf die Anforderungen des internationalen Marktesr ausgerichtet.
Univ.Prof. Dr. Dr. Bodo B. Schlegelmilch (WU Executive Academy): Die PE wird in vielen Unternehmen mehr und mehr als Teil der Erfolgssicherung gesehen. Die Personalentwickler zeigen eine immer höhere Professionalität.
Negativtrend: Viele Menschen glauben, dass Bildung alleine reicht und dass mit Abschluss eines Bildungsprogramms sozusagen die „Schäfchen im trockenen sind“. Vergessen wird dabei aber, dass Bildung lediglich der Unterbau für Leistung ist. Wer keine Leistung bringt, hat schlichtweg keine Chance. Egal wie gebildet er ist. Mit Schuld an diesem Irrglauben ist die leider nach wie vor sehr undifferenziert geführte öffentliche Diskussion, wenn es um die Rolle der Bildung in der Gesellschaft geht.
Mag. Clemens Stieger (GfP Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH): Der Bedarf nach kompetenten und kraftvollen Führungskräften steigt. Für den Weg dahin besteht allerdings große Unsicherheit.
Welche Trends sehen Sie … anhand der Nachfrage für Ihr Institut?
Günther Mathé (careercenter e.U.): Den Personalisten ist es wichtig, dass die Verunsicherung bei den Mitarbeitern schwindet. Die MA müssen wieder Vertrauen in ihren Arbeitsplatz bekommen. Vertrauen und Motivation sind daher ein großes Thema bei den Seminaren.
Stieger (GfP): Wir spüren zunehmend, dass die Führungskräfte selbst aktiv werden und nach Unterstützung fragen, weniger über die Vermittlung von internen.
Kalian (Berlitz): Qualität nimmt – sowohl seitens des Ausbildungspersonals, sowie in der Planung, Steuerung, Umsetzung und Erfolgsmessung – einen höheren Stellenwert ein. Entscheidungsträger sehen uns nicht nur als Anbieter, sondern als Partner in der Weiterbildung, mit dem längerfristige Arbeitsbeziehungen geführt werden. Zudem zeichnet sich der Trend ab, dass nicht nur mehr Insellösungen im Sinne von punktuellen Weiterbildungsmaßnahmen mit mehreren Anbietern sondern ganzheitliche Lösungen mit einem oder wenigen Anbietern mit entsprechendem Portfolio und Qualitätsbewußtsein gesucht werden.
Mag. (FH) Christina Riedl (trilog G. Riedl KG): Für uns zeichnet sich der Trend nach intensiven Fachlehrgängen ab welche von einem halben Jahr bis zu einem Jahr dauern dürfen.
Corinna Ladinig (CTC-Academy OG): Neben den von uns designten FK-Programmen – machen wir die Führungskräfte darin fit, Veränderungsprozesse gut leiten zu können und generell ein Verständnis für Entwicklungsprozesse zu erhalten.
Dipl. Psych. Michaela Stark (Blaufeuer – Beratungsagentur für Führungskompetenz): praxisorientierte, „coole“ Formate, die für die seminarerfahrenen Zielgruppen einen Neuigkeitswert haben und dadurch Anziehungskraft besitzen. Changemanagement in Theorie und Praxis ist ein relevantes und notwendiges Thema, mit einer hohen Nachfrage. Weiterhin geht es um die verschiedenen Spielarten von Kompetenzmanagement und den differenzierteren Seminarzuschnitt auf unterschiedliche Zielgruppen. Neue Formate müssen vor allem auch eine nachhaltige Lernkurve und einen vertieften Lerntransfer unter Beweis stellen sowie für die abnehmende Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmer, bei gleichzeitig hohem Inputanspruch abwechslungsreich und aktivierend gestaltet sein.
Schlegelmilch (Executive Academy): Die Integration von MBA-Modulen bei In-house-Programmen mit der Möglichkeit, diese bei einer späteren MBA-Teilnahme anerkennen zu lassen.
Die sinnvolle Verknüpfung von Hard- und Softskill –Themen. (Reine Softskill-Lehrgänge oder Einzelseminare werden kaum noch nachgefragt – und auch nicht empfohlen.)
Die Verknüpfung von Unternehmensstrategie und Schulungsthemen, sowie breite Schnittstellen zum Employer Branding und der strategischen PE (der Bildungsanbieter ist hier nicht mehr der Bildungslieferant sondern strategischer Partner)
Themen wie Menschenbilder, Werte und Ethik sind von einer „Feigenblattfunktion“ zu ernsthaften zentralen Themen geworden.
Dr. Günter Rattay (Primas CONSULTING GmbH): Es gibt einen ungebrochen starken Trend hin zu internationalen Zertifizierungen (IPMA, PMI). Wobei jedoch die Kosten für die Zertifizierung selbst und für Rezertifizierung zunehmend als hoch (zu hoch?) wahrgenommen werden. Darüber hinaus sind Entwicklungsprogramme mit integriertem Qualifizierungscheck am Beginn und am Ende, mit starker Transferorientierung (Arbeit an eigenen Projekten, Integration von Firmenstandards und Ansätze, begleitendes Projektcoaching, Messung des Lernfortschritts und des Umsetzungserfolgs) gefragt.
Dr. Wolfgang Reiger (IfM – Institut für Management): Der Trend geht stark in Richtung berufsbegleitend studieren mit hohem Praxisbezug. Umso zielgruppenorientierter das jeweilige Programm ist, desto erfolgreiches wird es sein.
Welche Tipps würden Sie Personalisten geben, die nun eine FK-Entwicklungs-Strategie aufsetzen?
Mathé (careercenter): Die Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass doch viele Führungskräfte ein überzogenes Selbstbild haben. Es gab Führungskräfte, die bei klassischen Seminarthemen die Nase rümpften, weil alles „bekannt“ war. Die Personalisten sollten sich davon überzeugen, ob die FK diese Modelle auch anwenden „können“ und nicht nur „kennen“.
High-Potential-Lehrgänge sind groß im Kommen. Dadurch binde ich Mitarbeiter an das Unternehmen und es entsteht kein Nachwuchsführungskräftemangel.
Reiger (IfM): klarmachen wie teuer und risikoreich eine zu hohe Personalfluktuation ist. Diese wird oft durch unzufriedene Mitarbeiter, die keine Entwicklungsmöglichkeit für sich sehen, negativ beeinflusst.
Ladinig (CTC): Ein Tipp, den ich immer wieder Firmen gebe: verankern Sie die Entwicklungsprogramme fest in Ihrem Unternehmen; das Unternehmen als System muss die Entwicklung unterstützen, sonst wird das Rad jedes Mal wieder neu erfunden und die Programme sind reine Verschwendung. Weiters sollten FK-Entwicklungsprogramm GELEBTE Leitsätze und Werte angeschlossen werden – wenn Leitsätze und Werte nicht gelebt werden bzw. wenn es diese nicht gibt, dann sind FK-Entwicklungsprogramme reiner Luxus und individuell hilfreich, die Erkenntnisse verpuffen im System – das wissen HR-Leiter und Personalisten – die Frage ist oft: wie argumentiere ich das bei der Geschäftsleitung oder wie war das noch mit dem Fisch…?
Die Gesprächspartner
„Trends in der FK-Entwicklung“
Thomas Kalian Berlitz Austria GmbH |
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Günther Mathé careercenter e.U. |
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Univ.Prof. Dr. Dr. Bodo B. Schlegelmilch WU Executive Academy |
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Mag. (FH) Christina Riedl Trilog G. Riedl KG |
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Dr. Wolfgang Reiger IfM – Institut für Management |
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Dr. Günter Rattay Primas CONSULTING GmbH |
Mag. Clemens Stieger GfP Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH |
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Dipl. Psych. Michaela Stark Blaufeuer – Beratungsagentur für Führungskompetenz |
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Corinna Ladinig CTC-Academy OG
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