⇒ Serie: HR Tools und deren weitreichenden positive Effekte bei bewusstem, umsichtigem, zeitgemäßem Einsatz
Das jährliche Mitarbeitergespräch dient der Standortbestimmung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter: Welche Aufgaben wurden wie im Abgleich mit den Jobanforderungen erfüllt? Wie wurden die gesteckten Ziele erreicht? Welche Qualifizierungsmaßnehmen haben wie gegriffen? Was vereinbaren wir neu an Zielen und Qualifizierungen?
Sprich, der gemeinsame Blick zurück mit den jeweiligen Einschätzungen führt zur Beurteilung der Joberfüllung im letzten Jahr. Davon abgeleitet und aus den neuen Zielen resultieren die Vereinbarungen für das nächste Jahr. So schnell und simpel im inhaltlichen Abgleich und der gemeinsamen Ausrichtung auf der Sachebene – so emotional herausfordernd und anspruchsvoll auf der Beziehungsebene.
Denn, was nützt die ganze inhaltliche Klarheit, wenn es nicht gelingt, den Mitarbeiter auf der Beziehungsebene nachhaltig abzuholen und dauerhaft an sich als Führungskraft und an das Unternehmen zu binden!
Das jährliche Mitarbeitergespräch ist mittlerweile in erster Linie ein Beziehungstool und als solches ist es einfühlsam, klar und wertschätzend zu führen!
Das fängt noch immer bei der Terminvereinbarung an: verbindliche Terminfestlegung mit ausreichend Zeit an einem ungestörten, ruhigen Ort ist das oberste Gebot schlechthin. Terminverschiebungen, knapp in der Zeit und Störungen durch Telefon oder persönlichen Unterbrechungen sind Beziehungskiller und vergrößern das Vertrauensdefizit. Wenn nicht mal diese Basics stimmen, dann verkommt das Tool zu Farce und zählt nur auf die Statistik der Human Resources Abteilung ein. So geführt, stellt es auf der Führungskompetenzskala ein großes Wertschätzungsminus dar und verschlechtert das Verhältnis zum Mitarbeiter. Das hat nicht sofort Folgen, sondern trägt schleichend zur persönlichen Unzufriedenheit bei und führt in Folge zu steigenden Jobunlust und zu geringerem Engagement. Das Mitarbeitergespräch gar nicht zu führen ist keine Alternative, denn ein Minimum an Austausch über die gegenseitige Leistungseinschätzung muss gewährleistet sein, um überhaupt in einem vernünftigem Miteinander Entwicklungen abzusprechen.
Wie oft ist ein Mitarbeitergespräch zu führen?
Es hängt von den Zielsetzungen des Unternehmens ab. Wenn Jahresbudgets und Jahresziele vorherrschend sind – dann ist es in Anlehnung dazu einmal jährlich geführt genug. Wenn das Business stark projektgetrieben ist, dann kann gemäß der Projektziele auch ein halbjährlicher Rhythmus zielführend sein. Da idealerweise Rückblick und Ausblick mit Qualifizierungsunterstützungen gekoppelt sind, ist ein quartalsmäßiges Mitarbeitergespräch in vielen Fällen zu häufig. In keinem Fall ist es mit laufenden Kritik- und Fördergesprächen gleich zu stellen oder als deren Ersatz zu werten. Sie sollen nämlich unmittelbar bei Anlassfall Orientierung und Klarheit über gebrachte Leistungen und den gewünschten Erwartungen geben. Beziehungen leben vom regelmäßigen, offenen Austausch. Sie können dadurch gestärkt oder geschwächt werden – je nachdem, wie professionell die Führungskraft Ihre Beziehungsarbeit versteht.
Kommunikationsstärke und Empathie ist das A und O einer tragfähigen Beziehungsarbeit
Wenn die Organisationsstärke eine Kernkompetenz für erfolgreiche Führungsarbeit ist, dann ist Beziehungsfähigkeit eine andere, nicht minder wichtige Kernkompetenz. Und in Zeiten eines heiß umkämpften Bewerbermarktes wird sie zur Schlüsselkompetenz, wenn es um Mitarbeiterbindung geht. Die Königsdisziplin stellt wertschätzende Kritikausübung dar, die letztendlich zu einer gewünschten Haltungs- und Verhaltensänderung führt. Dafür notwendig ist Vertrauen, das nicht nur einmalig im jährlichen Mitarbeitergespräch entsteht, sondern im tagtäglichen Umgang und Miteinander. Die Kommunikationsfähigkeit ständig zu verbessern – sei es durch Schulungen, im Coaching oder durch Lesen und Anwenden zeitgemäßer Literatur – schlägt mittlerweile als lebenslange Lernaufgabe auf der Führungsseite zu Buche. Es ist kein Kavaliersdelikt mehr, wenn der Umgang, die Ausdrucksweise oder die Haltung der Führungskraft nicht wertschätzend ist. Denn das vernichtet Engagement und Ergebnisorientierung, die im ständig steigenden Mitarbeiterwettbewerb nicht mehr leistbar und entschuldbar ist.
Mitarbeitergespräche mit Laptop – ein no go auf der Beziehungsebene
Zum wertschätzenden Miteinander gehört Augenkontakt. Nur wenn man sein Gegenüber ansieht, kann die Fülle an non verbalen Kommunikationssignalen wahrgenommen und in Folge berücksichtigt werden. Augenkontakt gewährleistet auch die notwendige Aufmerksamkeit, die zu einer wertschätzenden Kommunikation gehört. Eine Vorlage, die in Frage und Antwortspiel gemeinsam ausgefüllt wird, mag eine zeitgemäße Form der Dokumentation darstellen. Für die Gesprächsvorbereitung ist es eine Unterstützung, im Gespräch ist es nicht beziehungsfördernd. Eine professionelle Führungskraft ist in der Lage, ein wirksames Mitarbeitergespräch im Dialog freihändig ohne Anleitung zu führen. Eine kurze, abschließende gemeinsame Beurteilung ist zielführender, als das gesamte Gespräch anhand der PC-Vorlage abzuarbeiten.
Agiles Führen – pro oder contra Mitarbeitergespräch?
Führen in agilen Organisationsformen ist Führen im eigentlichen Sinn – unabhängig von fachlichen, inhaltlichen Anweisungen und Vorgaben. Es zielt schwerpunktmäßig auf Organisationsmanagement, Beziehungsmanagement und Selbstmanagement ab. Das Mitarbeitergespräch ist ein wichtiges Führungsinstrument, um die generelle Förderung und Forderung der Mitarbeiter abzustimmen und voranzutreiben. Daily Stand ups sind auf die Abstimmung des inhaltlichen Miteinanders ausgerichtet. Retros stellen ein regelmäßiges, strukturelles „Lessons Learned“ dar. Stimmungsbarometer in diesem Zusammenhang geben Auskunft über das Teamklima und deren Einflussfaktoren. Sie ersetzen nicht die persönliche Einzelförderung und -beurteilung, auf die das Mitarbeitergespräch abzielt.
Fazit
Das Mitarbeitergespräch ist eine jährliche einmalige gemeinsame Standortbestimmung. Es verhilft zu einem dauerhaften, wertschätzenden, zielgerichteten Miteinander – inhaltlich UND im Besonderen auf der Beziehungsebene.
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