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Mitarbeitergespräche im Wandel

07Mrz2019
4 min
personalentwicklung-pe-oesterreich

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Das jährliche Mitarbeitergespräch, ein etabliertes Instrument der Personalarbeit, ein System, durch HR angetrieben (und ohne dieses nicht existent?) und welches mit anderen HR-Prozessen interferiert.

Autorinnen: Mag. Steffi Bärmann, Mag. Brigitte Hampel

Wie die PEp-Studie (siehe unten „Quellen“) aus dem Jahr 2016 zeigt, sind regelmäßige Mitarbeitergespräche, die zumindest einmal, teilweise sogar zweimal jährlich stattfinden, in österreichischen Unternehmen nach wie vor fester Bestandteil. Lediglich in einem Prozent der befragten Unternehmen wird ein Mitarbeitergespräch unregelmäßig geführt, und nur drei Prozent nutzen es überhaupt nicht. Dabei zeigt sich klar, dass 92% des Inputs für die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter von der Führungskraft kommt.

Input für die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter kommt von…

Input für die Leistungsbeurteilung
Abb. 1: Wer liefert den Input für die Leistungsbeurteilung der Mitarbeitergespräche

Alternativen zum traditionellen Mitarbeitergespräch

Letztendlich spiegelt sich in dieser Vorgehensweise ein hierarchisches und statisches Organisationsverständnis. In neueren agileren Trends öffnet sich die Herangehensweise. Die Spannbreite wird in folgender Tabelle (Tab. 1) deutlich:

Element Traditionelle Mitarbeitergespräche Alternativen
Frequenz Jährlich Monatlich – fallbasiert
Verpflichtung Verpflichtend Freiwillig
Fokus MitarbeiterIn Team
Verantwortung Führungskraft MitarbeiterIn/ Team
AssessorIn Führungskraft Peers/ Selbst/ Team
Bewertungsformat Quantitativ Qualitativ
Bewertungsdimensionen Strukturiert Offen
Verpflichtende Weiterleitung Ja Nein
Zielsetzung Top-down Buttom-up
Resultate nahe legen Ja Nein
Dokumentation Zentral Nicht/ vertraulich
Zentrales Monitoring Ja Nein

Tab. 1: Elemente traditioneller Mitarbeitergespräche und Alternativen (Trost 2017, S. 13)

Nutzen von Mitarbeitergesprächen und Rahmenbedingungen als Ausgangspunkt für dessen Gestaltung

Mitarbeitergespräche umfassen in unterschiedlichen Unternehmen unterschiedliche Komponenten, wie z.B. Zielvereinbarungen, Leistungsbeurteilung, Kompetenzbeurteilung, Potentialevaluation, Entwicklungspläne und verfolgen verschiedene Ziele. Trotzdem werden Mitarbeitergespräche in der Regel auf die gleiche Art und Weise aufgesetzt und durchgeführt. Im Vordergrund stehen Vergleichbarkeit der Ergebnisse, Standardisierung und eine eher quantitative Evaluierung über alle Ebenen im Unternehmen hinweg. Das Instrument an sich steht beim Aufsetzen von Mitarbeitergesprächen an erster Stelle. Was in der Regel nicht berücksichtigt wird, sind Organisationskultur, Beziehung der MitarbeiterInnen zur Führungskraft, Aufgabenstrukturen und die konkreten Vorteile, Resultate, die das Mitarbeitergespräche letztendlich (für wen?) bringen soll. Die Folge sind eine sehr unterschiedliche Qualität und Motivation bei der Durchführung von Mitarbeitergesprächen bis hin zu einem kompletten in Frage stellen dieses Instrumentes.

Bevor ein Unternehmen Mitarbeitergespräche durchführen möchte, sollte es sich im Klaren sein, was damit für wen erreicht werden soll. Hier sollten nur wirklich relevante Aspekte einbezogen werden, und alles was nicht relevant oder auch nur interessant ist, sollte nicht in eine systematische Vorgehensweise eingebettet werden. Nachdem Klarheit über den Nutzen besteht (Abb 2.), müssen die Rahmenbedingungen im Unternehmen evaluiert werden: Geht es um Routineaufgaben? Werden die Aufgaben allein oder im Team ausgeführt? Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn? Erst nach der Beantwortung derartiger Fragen sollte der Fokus auf das Instrument, das Tool gelenkt werden. Hier wird bereits klarer, wie es zu einer alternativen Umsetzung der Mitarbeitergespräche kommen kann. In einem letzten Schritt wird entschieden, wie die Umsetzung erfolgt, in welchem Design das Mitarbeitergespräch als System etabliert werden kann.

Nutzen als Startpunkt
Abb 2: Der gewünschte Nutzen als Startpunkt (Trost 2017, S. 23)

Die hierarchische und die agile Welt – und Mischformen

Digitalisierung, VUCA und Arbeiten 4.0 führen zu einer Änderung in der Zusammenarbeit und Kommunikation, sowie zu mehr Unsicherheit und Dynamik bei der Aufgabenbewältigung. Dies erfordert ein eher vernetztes Arbeiten und führt zu einer Abhängigkeit von Ergebnissen. Damit wird Erfolg weniger über Individuen, sondern eher über Zusammenarbeit in Teams und durch Kooperation erreicht. In dieser Umgebung können jährlich vereinbarte Ziele in Mitarbeitergesprächen und individuelle Leistungsbewertung diametrale Effekte haben.

Neben den hierarchischen Unternehmen agieren vor allem technik-getriebe Organisationen in der Agilität, bzw. existieren Mischformen, in denen agile Strukturen in hierarchische eingebettet werden oder nebeneinander bestehen. Zudem scheinen sich immer mehr hierarchische Unternehmen in agilere Organisationsformen zu transformieren. Die Anpassung des Systems des Mitarbeitergespräches an diese eher gegensätzliche Kultur bedarf sorgfältiger, kritischer Betrachtung und einem bedarfsorientierten Wechsel. Folgende Übersicht (Tab. 2) zeigt eine Empfehlung, wie oft Mitarbeitergespräche, je nach verschiedener Zielsetzung und Arbeitsumgebung, durchgeführt werden könnten.

Nutzen Hierarchie Agilität
  1x jährlich >1x jährlich wenn nötig 1x jährlich >1x jährlich wenn nötig
Den besten belohnen X X
Die Schwachen ansprechen X X
Talent identifizieren X X
Interne Eignung bestimmen X X
Mitarbeiterentwicklung X X
Perspektiven bieten X X
Lernen durch Feedback X X
Geschäftsführung X X
Durch Ziele motivieren X X
MitarbeiterInnen halten X X

Tab. 2: Häufigkeit von Mitarbeitergesprächen basierend auf dem Nutzen und der Arbeitsumgebung (Trost 2017, S. 163)

Fazit

In Zeiten des Wandels und der erforderlichen Anpassung in Unternehmen sollte auch das System „Mitarbeitergespräch“ entsprechend evaluiert werden, um festzustellen, ob es noch zeitgemäß ist, den Bedürfnissen der Organisation entspricht und gegebenenfalls adaptiert werden.


Quellen & Literaturempfehlungen

  • Die vorliegende Studie, kurz PEp-Studie, wurde 2016 im Rahmen eines Kooperationsprojektes des Studienbereichs Personal & Organisation der FHWien der WKW mit 5p Consultung und Business Circle durchgeführt. Die ersten Ergebnisse wurden auf der PEp 2016 (organisiert durch den Business Circle) vorgestellt.
    Befragungszeitraum: aug2016 bis 19sep2016
    Teilnehmer: 140 Personen aus dem Personalbereich und anderen Abteilungen österreichischer Unternehmen
  • Trost, Armin (2017): The End of Performance Appraisal: A Practitioners‘ Guide to Alternatives in Agile Organisations
  • Utho Creusen/Birte Gall/Oliver Hackl (2017): Digital Leadership. Führung in Zeiten des digitalen Wandels, Verlag: Springer Gabler

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