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Human Resources goes AGILE

15Mai2019
6 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Teil 1 – HR agile Organisation und HR Begleitung von agilen Transformationsprozessen

Wie stellt sich die HR Abteilung organisatorisch auf, wenn alle anderen Abteilungen agil arbeiten?

Sollte Human Resources im Unternehmen Vorreiter sein und mit gutem Beispiel vorangehen, um alle anderen Abteilungen in ihrem Change professionell unterstützen zu können, weil dadurch HR weiß worauf es ankommt? Wie ist der Change dieser Abteilungen von HR zu begleiten? Können alle Abteilungen agil arbeiten?

Ganz grundsätzlich: bezogen auf „agiles Arbeiten“ sind noch viele Fragen offen und noch lange nicht alle Antworten gefunden. Es gilt nämlich, sich als Unternehmen innerhalb bekannter agiler Frames (bspw Scrum) seine eigenen Organisationsrahmen und seine eigene Vorgangsweise zu entwickeln. Darin liegt auch die ganz besondere Herausforderung und Bedeutung!

Agiles Arbeiten – was bedeutet das grundsätzlich?

Das derzeit erfolgreichste Einsatzgebiet von agilen Arbeitsformen sind Projektorganisationen. Sie profitieren am stärksten von den Kernwerten der agilen Organisation – nämlich Selbstorganisation und Eigenverantwortung der Teammitglieder. Ein abgestimmtes Miteinander gewährleistet, dass die angestrebten Ziele auf Basis der oftmals sehr komplexen und abstrakten Kundenanforderungen Schritt für Schritt – Hand in Hand mit dem Kunden – erreicht werden können. Grundsätzlich eignet sich agiles Arbeiten für Projekte in allen Abteilungen. Das Scrum Modell mit seinen Rollen und Artefakten setzt sich derzeit auch außerhalb der Softwareentwicklung in unterschiedlichen Branchen durch. Getragen wird diese Arbeitsweise von einer Grundhaltung – die im Agile Manifesto – niedergeschrieben sind. Diese Prinzipien lauten im Einzelnen:

  • Individuen und Interaktionenhaben Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen.
  • Funktionsfähige Produktehaben Vorrang vor ausgedehnter Dokumentation.
  • Zusammenarbeit mit dem Kundenhat Vorrang vor Vertragsverhandlungen.
  • Das Eingehen auf Änderungenhat Vorrang vor strikter Planverfolgung.

Agiles Arbeiten ist demnach in der Transformationsphase vom Charakter her mehr ein Mind & Behavior Change als ein Organisationsentwicklungsprojekt, da die agilen Prinzipien je nach Führungs- und Unternehmenskultur einen Paradigmenwechsel darstellen können.

Rollen und Artefakte aus dem Scrum

Nicht mehr das allumfassende Pflichtenheft ist die Grundlage, sondern einzelne gewünschte Kundenanforderungen, durchaus aneinander gereiht – die in der Sprache des Product Owners in einer Story Card beschrieben werden.  Die Aufgaben für das Team ergeben sich aus dieser Story Card des Product Owners, die die Anforderungen und Funktionalitäten des Produktes enthält. Sie werden in einem Produkt Backlog festgehalten, die Teilaufgaben an der Teammitglieder in Tickets. Darauf basierend werden die Teammitglieder mit den benötigten Kompetenzen ausgewählt, Prioritäten gesetzt, der Zeitplan ausgearbeitet und die Sprints festgelegt. Die Teammitglieder halten regelmäßige Teamabsprachen ab – sogenannte Stand up Meetings, bei denen sie ohne Führungskraft die Beiträge jedes einzelnen Teammitgliedes abstimmen. Der Scrum Master trägt die Verantwortung für den Scrum Prozess und dessen Implementierung und strebt maximalen Nutzen und ständige Optimierung an. Er beseitig Hindernisse und sorgt für den Informationsfluß zwischen Product Owner und Team. Falls kein agiler Coach vorhanden ist vermittelt er im Team und moderiert die Team Meetings. Sie werden oftmals täglich für kurze Zeit (ca 15 Minuten) anberaumt und haben zum Ziel, dass jeder darüber informiert, was er von gestern auf heute gemacht hat und was er sich bis morgen vornimmt. Highlights und Lowlights werden ausgetauscht. Die Ergebnisse werden auf einem Team-Board oder Kanban Board optisch sichtbar festgehalten. Sprints in der Länge von einigen Wochen enden, indem der Product Owner die Ergebnisse abnimmt. Die Sprint Retros verhelfen dem Team zur transparenten, ehrlichen Standortbestimmung und sichern somit kontinuierliches Lernen aus Best Practice und Fehlern. Ein burn-down Chart zeigt schematisch den Projektverlauf.

Gretchenfrage: Braucht es noch Führungskräfte in agilen Strukturen?

Gleich vorweg: ja, natürlich – in einem agilen Arbeitsumfeld sind die Führungskräfte lediglich von der fachlichen Führung und dem eigentlichen Entstehungsprozess des Produktes oder der Dienstleistung entbunden. Die Lösung der fachlichen Herausforderungen und Fragestellungen sind dadurch an das Team abgegeben. Wiederholte Erfahrungen bestätigen, dass die Experten eines Teams mit ihrem gemeinsamen, vielfältigen Wissen besser geeignet sind komplexe Themen- und Aufgabenstellungen von Entwicklungsprojekten zu lösen, als eine einzelne Führungskraft, sei sie auch noch so mit intensivem Detailwissen ausgestattet. Ein derartiger Wissensvorsprung eines Einzelnen ist dauerhaft nicht mehr zufriedenstellend aufrecht zu erhalten. Die Teammitglieder führen sich durch den regelmäßigen, täglichen Austausch fachlich selbst und meistern auftauchende, fachliche Hindernisse und Herausforderungen.

Die Führungskräfte können sich nun schwerpunktmäßig auf die Führungsrolle fokussieren – die nach wie vor Organisationsmanagementaufgaben wie:  Abteilungsziele setzen, generelle Arbeitsrahmenbedingungen festlegen und optimieren, Ressourceneinsatz planen, die generelle Weiterentwicklung der Organisation samt Kompetenzentwicklung der Mitarbeitern forcieren etc. Und sie umfasst das Beziehungsmanagement: Dialog, Entwicklung durch Förderung und Forderung des einzelnen Mitarbeiters, Gestaltung und Steuerung der Teamkultur durch Kenntnisse von Steuerungsmechanismen für gruppendynamische Prozesse und Wissen und zugrunde liegender Systemprinzipien u.ä.m

Culture und Behavior Change als Begleitaspekte bei der Einführung von agilen Arbeitsweisen

Die wesentlichste und einprägsamste Veränderung bei der Einführung agiler Arbeitsformen liegt darin, dass agiles Arbeiten spezielle Werthaltungen bei den Mitarbeitern voraussetzt, nämlich im Kern  Eigenverantwortung und Selbstorganisation. Dies bedingt vor allem persönliche Reife, Engagement, den Willen zum Gestalten, Selbstreflexion, Leistungsorientierung und Lernbereitschaft, um gemeinsam im Team dauerhaft voranzukommen. Das Ausrasten Einzelner auf Kosten des Teams durch Bequemlichkeit oder Egoismus, mangelnde Weiterbildungsbereitschaft, fehlende Einsicht zum Lernen aus Fehlern sind Sprengstoff für das Teamgefüge und schlagen sich bei Qualität und Quantität des Outputs zu Buche. Vorgegebene Timelines und vom Kunden erwartete Ergebnisse können dadurch gefährdet werden.

Führungskräfte sind über weite Strecken als Coach gefordert, um die für das Team zur Bewältigung der geforderten Zielsetzungen erforderlichen Arbeitsrahmenbedingungen in den Hard und Soft Facts zu gewährleisten. Dieser Führungs- und Kommunikationsstil bedingt eine systemisch-lösungsorientierte Haltung und Techniken und Methoden aus dem Business Coaching Handwerkskoffer. Hilfe zur Selbsthilfe! Lösungsorientierung statt Problemorientierung! Prozessunterstützung statt fachlicher Tipps und Ratschläge! markieren die richtige Fährte.

Wie kann HR die eigene Organisation ganz konkret agil gestalten?

Veränderungen beginnen immer mit einem ersten kleinen Schritt. In Richtung agiler HR Organisation könnte der sein, dass die HR Business Partner die Product Owner Rolle einnehmen und  HR Formate, Tools und Regelwerke aus der Kundenperspektive beschreiben, die dann von den Experten aus den einzelnen Centers of Expertise interdisziplinär eigenverantwortlich und selbstorganisiert ausgearbeitet werden. Die Leiter der Centers of Expertise sind für die Organisationsstrukturen, die Ressourcenplanung, die fachlichen Zielsetzungen, die Mitarbeiterschulung im Sinne des benötigten Kompetenzaufbaus verantwortlich. In den agilen Projekten sind sie „nur“ in den Retros als Zuhörer vertreten.

Zusätzlich können alle Projekte – wie in anderen Abteilungen auch – agil durchgeführt werden bspw im „Scrum Frame“. Sich einfach mal an derart neue Arbeitsweisen zu wagen, wertet die Mitarbeiter auf und katapultiert Führungskräfte in die Leadershiprolle. Ein zweiter Schritt könnte sein, beständige agile, interdisziplinäre Teams mit Business Partner, Pay roll und HR Services pro zu servicierenden Organisationsbereich zu schaffen, die matrixähnlich quer mit den Teammitgliedern aus den einzelnen Centers of Expertises agieren. Beides stärkt die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeiter und die Management- und Leadershipkompetenz der Führungskräfte.

Wie kann Human Resources andere Organisationsbereiche im Transition Change zu agilen Arbeitsformen unterstützen?

Der Human Resources Business Partner hat als angestammte Rolle den “Change Agent”. In dieser Rolle ist er der interne Berater und Sparringpartner für die Führungskraft. Das Learning & Development Center hat für eine begleitende Ausbildung und Unterstützung der Führungskräfte zu sorgen, damit sie ihre Führungsrolle im agilen Umfeld wahrnehmen können. Zeitgleich sind die Mitarbeiter in der Entwicklung der benötigten persönlichen und sozial-kommunikativen Kompetenzen zu unterstützen. HR Services hat für adaptierte Arbeitsrahmenbedingungen wie bspw Arbeitszeitregelungen, Teilzeitregelungen und Bonussysteme. Recruiting stellt im Auswahlprozess die persönlichen und sozial-kommunikativen Kompetenzen bei Mitarbeitern und Führungskräften sicher, sodass die Freiräume zur Gestaltung genutzt werden und Ergebnisse in geforderter Quantität und Qualität erreicht werden können.

Achtung vor drei Kardinalfehlern:

1. Agiles Arbeiten braucht keine Führungskräfte

In Transitionprojekten zur Einführung agiler Organisationsformen werden die Führungskräfte außen vorgelassen, weil die fachliche Eigenverantwortung und Selbstorganisation von Teams mit Führungsarbeit verwechselt!

2. Reifegrad der Mitarbeiter wird zu hoch eingeschätzt

Wenn die Mitarbeiter nicht über den notwendigen Reifegrad verfügen, denn es braucht, um selbstbestimmt Inhalte voranzutreiben und seinen eigenen Beitrag zeitgerecht zu leisten, kann Eigenverantwortung und Selbstorganisation nicht wahrgenommen werden!

3. Scrum Master und Product Owner nehmen Ihre Verantwortungen nicht wahr.

Es gibt drei Führungsaufgaben in agilen Organisationen: die fachliche Verantwortung liegt bei den Mitarbeitern, die Prozessverantwortung liegt beim Scrum Master, die Verantwortung für die Produktfunktionalität liegt beim Product Owner.

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