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Arbeitsplatzevaluierung | Konkrete Tipps aus der Praxis

13Jul2020
4 min
arbeitsplatzevaluierung

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Es ist bereits viel geschehen hinsichtlich Arbeitsplatzevaluierung. Nun können wir aus dem Vollen schöpfen und uns konkrete Tipps aus der Praxis holen:

In einem Experten-Interview berichten Regina Nicham (IBG) und Veronika Jakl (Arbeitspsychologie Jakl) von ihren Erfahrungen.

Experten-Interview

BGM, Betriebliches Gesundheitsmanagement Österreich, BGF, Betriebliches Gesundheitsförderung Österreich, Gesundheit am Arbeitsplatz

Welche konkreten Tipps können Sie Unternehmen geben hinsichtlich einer Arbeitsplatzevaluierung?

Mag. Regina Nicham (IBG):

  • Externe Unterstützung annehmen und Experten beauftragen; in weiterer Folge diese fachkundigen Personen als Partner sehen, die unterstützen, beraten und begleiten; geht um ein Miteinander und nicht um ein Gegeneinander bzw. einen Alleingang der Experten
  • Sich selbst überlegen und bewusst machen, wofür man die Arbeitsplatzevaluierung einsetzen kann, d.h. einen persönlichen, unternehmensinternen Nutzen definieren; Sinnfindung für sich als Unternehmen finden und definieren – gerne auch gemeinsam mit den Experten – mit dem Ziel positiv und aktiv hinter der Sache stehen zu können
  • Eine Ansprechperson im Unternehmen dafür definieren oder auch mehrere (z.B. bei größeren Unternehmen), die sich mit dem Thema beschäftigen möchte und auch können (Ressourcen beachten und schaffen). Das wichtigste ist, dass die Geschäftsführung bzw. wichtige Entscheidungsträger eingebunden sind und dahinter stehen (Klarheit über: Was? Wie? Wofür? Wer?) und ein regelmäßiger, strukturierter Austausch mit Schlüsselpersonen stattfindet (neben Geschäftsführung/ Entscheidungsträgern, Personal/ HR, Betriebsrat, Präventivfachkräfte – Arbeitsmedizin, Sicherheitsfachkraft, Arbeitspsychologie, Sicherheitsvertrauenspersonen,…)
  • Proaktives positives Ankündigen und Angehen der Arbeitsplatzevaluierung, d.h. als Chance für die Mitarbeitenden kommunizieren und nicht als Muss oder Mühsal und damit die Mitarbeiter motivieren sich an der Evaluierung zu beteiligen, Themen aufzuzeigen und auch aktiv Maßnahmenvorschläge einzubringen. Botschaft an die Belegschaft sollte sein: „Uns ist eure Gesundheit wie auch der Erfolg wichtig und im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung habt ihr die Möglichkeit aktiv mit zu gestalten.“
  • In weiterer Folge auch „Werbung“ mit den gesetzten Maßnahmen machen und den Zusammenhang zwischen positiver Entwicklungen und Veränderungen sowie Maßnahmen und der Evaluierung herstellen und das gezielt und auf verschiedenen Wegen an die Mitarbeiter und Führungskräfte zu kommunizieren.
  • Maßnahmendokumentation nicht nur durchführen, sondern neben der Umsetzung auch regelmäßig überprüfen wo man als Unternehmen gerade steht, z.B. im Rahmen der regelmäßigen Treffen mit den Schlüsselpersonen – gegebenenfalls anpassen, Realitätscheck, was braucht es noch, mögliche Hindernisse. Mit dem Ziel, dass sich etwas verändern kann, der Fokus nicht verloren geht, eine Wirkung und Sichtbarkeit bei der Belegschaft erzielt werden und das Instrument der Arbeitsplatzevaluierung sinnhaft eingesetzt und umgesetzt werden kann – so wie es der Grundidee entspricht.

Mag. Veronika Jakl (Arbeitspsychologie Jakl)

  • Beauftragen Sie eine interne Projektleitung, die sich gerne und aktiv um das Thema kümmern will. Nur so ist sichergestellt, dass das Thema nicht einschläft.
  • Binden Sie bei der Planung und Durchführung die wichtigsten Stakeholder ein: die Geschäftsführung oder hohe Führungskräfte, die Personalabteilung und den Betriebsrat.
  • Holen Sie sich Fachkräfte für Spezialthemen. Sie müssen nicht alle Kompetenzen im Haus haben und Ihre internen Beauftragten ständig auf Fortbildungen schicken. Manchmal ist es günstiger, sich Fachwissen punktuell dazuzukaufen.
  • Betrachten Sie nicht nur die Kosten, sondern sehen Sie die Evaluierung mit ihrem langfristigen Return-on-Investment!

Welchen Aufwand bedeutet eine Arbeitsplatzevaluierung – kann man hier eine standardisierte Antwort geben? Für wen bedeutet es diesen Aufwand und wer kann die Evaluierung durchführen?

Mag. Veronika Jakl (Arbeitspsychologie Jakl): Man muss schon ehrlich sein: Eine fundierte Arbeitsplatzevaluierung ist ein Aufwand – egal, ob es um technische, medizinische oder psychologische Aspekte geht. Aber eine pauschale Antwort ist nicht möglich. Der Aufwand steigt mit der Anzahl der unterschiedlichen Arbeitsplätze. Also eine Firma mit 1.000 Beschäftigten, die aber alle sehr ähnliche Arbeitsbedingungen haben, ist schneller evaluiert als eine Firma mit 200 Beschäftigten, die alle ganz unterschiedliche Tätigkeiten an verschiedenen Maschinen machen.

Mag. Regina Nicham (IBG): Die Unternehmen beauftragen in der Regel fachkundige Personen – Präventivfachkräfte wie Arbeitsmedizin, Sicherheitsfachkraft und Arbeitspsychologie, wobei die Verantwortung beim Arbeitgeber ist und bleibt (z.B. auch, ob Maßnahmen umgesetzt werden und wie), d.h. der Arbeitgeber ist für die Evaluierung zuständig.

Der Hauptaufwand der Durchführung der Evaluierung liegt bei den beauftragten Experten. Die Maßnahmendokumentation sowie Umsetzung bei den Unternehmen – mit Unterstützung der Experten.

Eine standardisierte Antwort hinsichtlich Aufwand kann aus meiner Sicht nicht gegeben werden, weil es doch auch individuelle Aspekte gibt und vom Unternehmen selbst (Größe, Branche, jeweilige Ausgangssituation) abhängt und es auch einen Unterschied machen kann, ob es sich um eine Erstevaluierung oder Nachevaluierung handelt. Bei der Evaluierung der psychischen Belastungen können auch unterschiedliche Methoden zur Anwendung kommen (Befragungen, Gruppen-/Einzelinterviews, Beobachtungen). Wobei Arbeitsbereiche bzw. Berufsgruppen, die dieselben Abläufe und Systeme verwenden, zusammengefasst werden können sowie auch gleiche Tätigkeiten.
Aber prinzipiell kann man sagen, dass der Aufwand im Grunde überschaubar ist, aber der Nutzen sehr groß sein kann, wenn man ihn für sich als Unternehmen erkennen kann.

Arbeitsplatzevaluierung | Konkrete Tipps aus der Praxis| Konkrete Tipps aus der Praxis

Die Gesprächspartner


Regina Nicham, IBGMag. Regina Nicham
Leitung Arbeits- und Organisationspsychologie

IBG GmbH

www.ibg.co.at


Veronika JaklMag. Veronika Jakl
Geschäftsführerin

Arbeitspsychologie Jakl

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