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HR-Tipp | Umgang mit dem Unerwarteten

11Mai2020
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Wie können wir auf das Unerwartete vorbereitet sein? Das Hereinbrechen des Covid 19 Virus in den vergangenen Wochen versetzte die ganze Welt in einen Ausnahmezustand, der immer noch anhält und weitreichende Konsequenzen hat. Es häufen sich die Fragen: Gab es Anzeichen für die rasche weltweite Verbreitung des Virus? Ab welchen Zeitpunkt hätte man bereits reagieren sollen? Wäre diese Katastrophe zu vermeiden gewesen?

Heute wissen wir, dass wir alle auf so ein Ereignis kaum vorbereitet waren. Weder mental noch praktisch: Medizinische Ausrüstung wie Desinfektionsmittel, Gesichtsmasken und Schutzkleidung waren in den meisten Ländern nicht ausreichend vorhanden, um medizinisches Personal sowie die Bevölkerung zu schützen. Es kam zu Engpässen in Krankenhäusern an Intensivstationen und es gibt bis heute unzureichende Kapazitäten für Tests. Auch mental traf uns das Ereignis überraschend, trotz mehrerer Hinweise von verschiedensten Seiten in den letzten Jahren auf eine mögliche bevorstehende Virus-Gefahr.

Wie können wir uns auf Unvorhergesehenes vorbereiten?

Es ist nicht möglich, alles vorauszuplanen oder eine derartige Krise kommen zu sehen. Die Herausforderung besteht darin, auch schwache Anzeichen von potenziell ernsthaften Bedrohungen oder Gefahren wahrzunehmen. Eine erhöhte Wachsamkeit in der Wahrnehmung alltäglicher Prozesse und Routinen kann dazu führen, möglichst früh im Ernstfall reagieren zu können. Denn in Krisensituationen muss rasch reagiert werden. Rasche Maßnahmen bei der Verbreitung des Covid 19 Virus retteten Tausende Menschenleben.

Wie erhöhen wir Wachsamkeit in der Wahrnehmung?

Um die Wachsamkeit in der Wahrnehmung zu erhöhen, ist es nötig, unsere Erwartungen näher zu betrachten. Im Normalfall erwarten wir keine Katastrophen. Wir befinden uns meistens im Modus des Sicherheitsdenkens und verlassen dieses nur ungern. Aber kurze Momente von Unaufmerksamkeit können leicht dazu führen, dass kleine Fehler zu nicht mehr kontrollierbaren Gefahren ausarten. Sekundenschlaf beim Autofahren auf der Autobahn, die Reaktor-Explosion in Tschernobyl, diverse Zugsunglücke oder Unfälle jeglicher Art. Häufig erinnern wir uns genau an den Moment, bevor es zu einem Unfall kam und können den Moment der Unaufmerksamkeit identifizieren.

Es ist daher wichtig, unsere Erwartungen ständig kritisch zu überprüfen und an aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Warum? Wir tendieren dazu, Ereignisse im Einklang mit unseren Erwartungen zu interpretieren. Erwartungen basieren auf unseren Erfahrungen. Da wir uns gern in der Sicherheit unserer Erfahrungen wiegen, suchen wir eher nach Beweisen, die unsere Erwartungen bestätigen. Auch in Stress-Situationen richtet sich unsere Aufmerksamkeit eher auf jene Information, die mit unserer Erwartung konsistent ist. Dies wird in der Psychologie mit Konsistenz-Theorien erklärt.

Es entstehen blinde Flecken in der Wahrnehmung oder ein eindimensionaler Tunnel-Blick, der andere Sichtweisen ausschaltet. Eine Lösung ist, gerade jene Erwartungen zu hinterfragen, die am häufigsten bestätigt werden. Das sollte zur Routine werden.

Der Umgang mit dem Unerwarteten erfordert daher höchste Aufmerksamkeit, um den Mechanismus unseres Wunschdenkens und damit Ausblenden möglicher Gefahren zu durchbrechen. Denn das Unerwartete kann jederzeit eintreten.

Wie tritt das Unerwartete auf?

Unerwartete Ereignisse können aus heiterem Himmel auftreten, oder sie passieren, weil wir sie trotz vorheriger Anzeichen nicht erwartet haben. Auch kann sich ein kleiner Vorfall zu einer Katastrophe entwickeln, weil wir schlecht vorbereitet waren. Oder aber wir schließen einen Extremfall einfach aus, nach dem Motto „Dass nicht sein kann, was nicht sein darf“.

Die Erwartungshaltung ist daher für das Wahrnehmen von Schwachstellen im System sehr wichtig, etwa Fehler anfällige Bereiche oder Defizite in der Versorgung im medizinischen Bereich oder Mängel im Sicherheitssystem. Offene und respektvolle Kommunikation sowie flache Hierarchien ermöglichen es, in einem System jedem Gehör zu verschaffen, der potenzielle Gefahren sichtet.

Was können wir tun?

Wir können uns wappnen, indem wir erstmals auftretende kleine Fehler sofort kommunizieren und beim Sichten von Schwachstellen möglichst früh reagieren, so dass das ausgelöste Problem klein gehalten wird. Dazu müssen Routinen ständig aktiv überprüft werden, etablierte Regeln und Vereinbarungen auf ihre aktuelle Sinnhaftigkeit getestet werden und vor allem muss eine ständige Bereitschaft vorhanden sein, rasch und flexibel auf ein Ereignis zu reagieren. Höchste Sachorientierung ist in solchen Momenten gefragt. Persönliche Befindlichkeiten oder Schon-Taktik der Bevölkerung, um keine Panik entstehen zu lassen, sind fehl am Platz.

Wer trifft Entscheidungen?

Ein weiterer Aspekt ist wichtig: Wer entscheidet in einer Krisensituation? Wie auch in der jetzigen Krise deutlich sichtbar ist, haben Experten in solchen Situationen eine Schlüsselrolle. Experten wissen Bescheid, verfügen über Detailwissen und können die Konsequenzen einer Krisen-Situation abschätzen. Sie wissen, worüber sie sprechen. Sie treffen Entscheidungen, die der Sache und den Menschen dienen und nicht von Politik, Machtstreben oder politischem Gesichtwahren beeinflusst sind. Auch in der Covid19 Krise traten mehrere Experten auf den Plan. Länder wie Schweden überließen gänzlich ihnen die Bühne der Informationsvermittlung.

Welche Kompetenzen sind nötig?

Welche Kompetenzen brauchen wir, um mit dem Unerwarteten umzugehen? Allen voran Resilienz und Achtsamkeit (Mindfulness). Jene Menschen sind gefragt, die in schwierigen und Stress beladenen Situationen souverän reagieren, das heißt sich rasch an veränderte Bedingungen anpassen, und die unter hohem Druck arbeiten können. Menschen, die respektvoll kommunizieren und interagieren, und ihre Aufmerksamkeit vom normalerweise Erwarteten auf das am wenigsten Erwartete, vom Wahrscheinlichen auf das Unwahrscheinliche lenken können. Die Frage „Was könnte noch eintreten?“ stellen sie immer wieder.

Mindful Management – Achtsames Management bedeutet:

  • Etablieren einer Fehler-Kultur: alle Mitarbeiter auf allen Ebenen im Unternehmen können Fehler einräumen und halten ständig Ausschau nach potenziellen Fehlerquellen, um grobe Fehler in einem späteren Stadium zu vermeiden
  • Ständiges Hinterfragen: Überprüfen bestehender Erwartungen, vor allem jener, die als unfehlbar gelten
  • Kontinuierliches Verbessern von Routinen: Überprüfen potenzieller Fehlerquellen und Schwachstellen im System
  • Anpassen der Erwartungen an veränderte Gegebenheiten: Aufgeben des Wunsch-Denkens
  • Etablieren einer offenen, transparenten und respektvollen Kommunikationskultur: Bereitschaft, auf allen Ebenen des Unternehmens alle anzuhören und ernst zu nehmen
  • Wertschätzen von Experten: Heranziehen von Experten bei Entscheidungen in einer Krisensituation, denn nur Experten verfügen über Wissen, Glaubwürdigkeit, Vertrauen und höchste Aufmerksamkeit für potenzielle Gefahren in ihrem Fachgebiet

HR-Tipp | Umgang mit dem Unerwarteten

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