Der Weiterbildungs-Markt hat es – mit mehr oder weniger großem Erfolg – geschafft, durch die Pandämie zu tauchen. Ein wenig Atem brauchen wir noch. Ein Interview mit Überlegungen und Zukunfts-Szenarien.
Jene, die sich rasch auf die neue Situation einstellen konnten, waren die Gewinner und werden auch künftig die Nase vorn haben. Die Zeit des Wandels ist noch nicht vorbei, doch wir können einen Blick wagen auf die „Zeit danach“, unsere Learnings reflektieren und überlegen, wo & wie wir in Zukunft landen werden.
Zukunftsvision
Wie wird sich der Weiterbildungs-Markt künftig gestalten?
Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Im Gefolge der Corona-Pandemie hat sich der Trainingsmarkt nicht nur verändert, er wird sich auch weiter verändern. Viele etablierte Anbieter, so meine These, werden vom Markt verschwinden und neue werden sich in ihm etablieren. Insofern liegt in der Marktveränderung auch eine Chance (insbesondere für junge) Trainer, die den nötigen Biss haben, ihr Produkt- bzw. Leistungsportfolio den veränderten Rahmenbedingungen und Anforderungen der Unternehmen anzupassen.
Generell wird der Weiterbildungs-Markt wachsen, denn in der VUKA-Welt ändern sich auch rascher die Anforderungen an die Mitarbeiter der Unternehmen und hieraus resultiert auch ein erhöhter Lern- bzw. Qualifizierungsbedarf. Insofern können eigentlich alle Trainer hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, sofern es ihnen gelingt, ihr Produkt- und Leistungsportfolio den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und die erforderliche Kompetenz aufzubauen.
Corinna Ladinig, MBA (CTC Aademy): Wahrscheinlich wird eine kluge Kombination von Online- und Präsenzseminaren, also Blended Learning Trainings bleiben und es somit ermöglichen, dass die Präsenzseminare noch effizienter genützt werden können z.B. zum Üben von Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Die Reaktionen
Wie reagierten Firmen und Teilnehmer auf das Online-Angebot?
Corinna Ladinig, MBA (CTC Aademy): Einige Firmen haben erfreut auf das Online-Angebot reagiert und vieles ausprobiert. Manche dachten, dass man Online kürzer bzw. schneller schulen kann, was natürlich ein Irrglaube ist.
Andere, denen die Corona-Krise sehr zugesetzt hat, haben alle Weiterbildungsmaßnahmen eingestellt. Einige Firmen sind nach wie vor technisch nicht gut genug ausgestattet, um sinnvolle Online-Training abhalten zu könnten. Viele IT-Abteilungen großer Unternehmen wurden entweder nicht in die Weiterentwicklung der Online-Trainingswelt miteinbezogen oder wollten nicht „mitwachsen“. Da gibt es nach wie vor ein großes Manko.
Wenn die Trainings didaktisch gut aufbereitet wurden, dann waren viele Teilnehmende erstaunt, was online alles funktioniert und wie gut es klappt. Anfänglich haben viele mit der Technik gekämpft, waren verzweifelt oder verunsichert – aber mit der Zeit ist auch hier die Kompetenz gestiegen und momentan klappt das schon sehr gut. Eine gewissen Gelassenheit in Bezug auf die Technik hat sich breit gemacht und die Tools wurden auch besser. Personenorientierte Menschen sehnen sich jedoch nach Präsenzschulungen und dass es wieder menscheln darf.
Michaela Baumgartner (Group Austria): Nicht jeder war darauf vorbereitet oder gar mit den neuen Lern- und Trainingsumgebungen vertraut. Diejenigen die bereits schon länger auf neue Lernwelten und digitale Räume gesetzt haben, sind die Gewinner dieser Zeit.
Wann werden wir wieder zur Trainings-Normalität übergehen?
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Faymann, MA (WIFI Wien): In diesem Zusammenhang ist vor allem die Frage spannend, wie sich diese Trainings-Normalität in Zukunft gestalten wird. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass sich vor allem hybride Formate durchsetzen werden. Stichwort: Blended Learning. Das bestätigen auch die Ergebnisse der von uns kürzlich durchgeführten Umfrage, bei der die Kombination aus Online- und Präsenz die größte Zustimmung fand. Die künftige Trainings-Normalität wird daher das Beste aus diesen beiden Welten verbinden. Im WIFI Wien sorgt hierzu ein eigenes Innovationsteam dafür, Methodenmix und Kursinhalt perfekt aufeinander abzustimmen, um offline wie online für den optimalen Lernerfolg zu sorgen.
Corinna Ladinig, MBA (CTC Aademy): Meine Kollegen und ich schätzen, dass es zumindest in den wärmeren Monaten wieder zu Präsenzseminaren kommen wird, mit Abstand und Testen. Wenn dann einmal alle geimpft sind, dann wird es wieder leichter.
Was war für Sie das Beste an der digitalen Weiterentwicklung?
Eva-Maria Kraus (Newview): An vielen Punkten musste sich jeder Trainer selbst hinterfragen und auch teilweise neu erfinden. Viele waren nicht auf digitales Training vorbereitet. Jene die diesen Schritt voraus waren, konnten auf ihre Expertise zurückgreifen. Andere mussten sich diese erst aneignen.
Ich persönlich fand es spannend sich weiterzuentwickeln, neue Formate und Konzepte zu etablieren und auch mit den Teilnehmenden gemeinsam an einigen Stellen zu lernen. Wir hatten einen Lehrgang der am Tag des ersten Lockdowns seine Abschlussprüfung gehabt hätte. Hier auf digital umzustellen, war gar nicht so einfach zu Beginn. Ein laufender Lehrgang wurde von heute auf morgen auf virtual Classroom umgestellt. Wir alle mussten aus unserer Komfortzone heraus und haben dabei sehr viel gelernt und gemeinsam entdeckt.
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Faymann, MA (WIFI Wien): Die Bereitschaft unserer Kunden, Trainer und Mitarbeiter die Veränderungen anzunehmen, damit umzugehen und die Möglichkeiten für die Umsetzung von digitalen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sehr gut zu nutzen. Insgesamt wird der Weiterbildungsmarkt damit nach der Krise gestärkt in die Zukunft starten.
Die Gesprächspartner
Corinna Ladinig, MBA CTC Academy OG Mag. Sabine Prohaska seminar consult prohaska Eva-Maria Kraus NewView Michaela Baumgartner Group Austria – besser leben mit Bildung Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Faymann, MA WIFI Wien |