Viel Geld zu verdienen, möchte wohl jeder. Doch ein hohes Gehalt spielt für jene Mitarbeiter eine geringere Rolle, deren Motivation nicht ausschließlich in Geld besteht, sondern aus der Freude an der eigenen Leistung und dem Bewusstsein, etwas Gutes und Wichtiges beizutragen.
Anreizsysteme und Prämien können nur eine vorhandene Motivation der Mitarbeiter unterstützen. Wer nur für Geld arbeitet, läuft Gefahr, seine Freude an der sinnstiftenden Arbeit zu verkaufen.
Inhalt:
Wenn Geld keine Rolle mehr spielt
Die hohe Schule des Lebens haben Sie aus meiner Sicht dann bestanden, wenn Sie nichts nur für Geld tun. Geld darf ruhig mit im Spiel sein, aber es sollte nicht Ihr größter Antrieb sein. Reich zu sein, finde ich sehr gut, weil es Ihnen Geld leichter ermöglicht, ein schönes Leben zu führen. Ein Leben in Armut finde ich nicht erstrebenswert. Es darf nur nicht vorkommen, dass Sie dem Geld hinterherhetzen. Es sollte nicht passieren, dass Ihr einziger Gedanke darin besteht, Geld zu scheffeln, gleichgültig auf welche Weise, mit welcher Tätigkeit und mit welchen Auswirkungen auf Ihre Mitmenschen. Geld verdienen sollte Ihnen Freude bereiten, mit einem gewissen Maß an Leichtigkeit möglich sein und positive Wirkung auf Ihre Umwelt haben.
Beispiel: Wenn Geld den inneren Antrieb ersetzt
Ich möchte Ihnen dazu eine kurze Geschichte erzählen: Ein alter Mann ging jeden Tag die gleiche Straße hinunter. Auf seinem Weg spielten ein paar Jungs, und sie beschlossen, den Mann zu ärgern. Auf ihren Fahrrädern fuhren sie um ihn herum, beleidigten ihn mit Scherznamen und machten sich über ihn lustig. Der alte Mann rief die Buben zu sich: „Jungs, ich gehe diese Straße jeden Tag hinunter. Habt Ihr jetzt vor, mich jeden Tag zu ärgern?“ „Auf jeden Fall“, grinste der Anführer der Jungen frech. „Das ist gut“, sagte der alte Mann. „Jeder von Euch, der mich morgen ärgert, erhält von mir einen Euro.“ Das Grinsen der Buben wurde breiter, und sie freuten sich schon auf den nächsten Tag.
Am folgenden Morgen warteten die Jungs schon auf ihren Fahrrädern und ärgerten den alten Mann nach Herzenslaune. Der sah sich das bunte Treiben einige Zeit lang an. Schließlich zückte er seine Geldbörse und überreichte jedem der Jungen einen Euro. „Das habt Ihr gut gemacht“, sagte der alte Mann. „Und wenn es Euch morgen noch freut, mich zu ärgern, zahle ich jedem von Euch zwei Euro. Sagt es auch den anderen Kindern in der Straße.“ Erstaunt über das großzügige Angebot zog die kleine Bande von dannen, um am nächsten Tag die ganze Nachbarschaft zusammenzutrommeln.
Der alte Mann nahm am nächsten Morgen wie üblich den Weg die Straße hinunter. Diesmal erwartete ihn eine deutlich größere Schar. Voller Freude liefen und fuhren die jungen Leute aus der Straße um ihn herum, neckten ihn und hießen ihn allerlei Namen. Der alte Mann hörte sich alles in Ruhe an und lächelte freundlich zu den Späßen, die auf seine Kosten gemacht wurden. Nachdem sich der Trubel einigermaßen gelegt hatte, holte er sein Geld heraus und überreichte jedem der anwesenden Kinder zwei Euro. „Ich bin sehr stolz auf Euch, eine tolle Leistung“, sagte er.
„Wieviel Geld bekommen wir morgen?“, fragte der Anführer. „Morgen biete ich jedem von Euch 20 Cent“, sagte der alte Mann. „Wie, nur 20 Cent?“, entrüsteten sich die Kinder. Für diesen Betrag wollte keiner der Jungs kommen. Und so konnte der alte Mann den Rest seiner Tage die Straße unbehelligt durchqueren. Kein einziger der Jungs kam jemals wieder auf die Idee, für so wenig Geld den alten Mann zu ärgern.
Geld kann die innere Motivation korrumpieren
Was ist in dieser Geschichte passiert? Die entscheidende Wendung geschieht in jenem Moment, in dem die Jungen beschließen, sich für ihre Handlungen bezahlen zu lassen. Das angebotene Geld verändert die Beziehung zwischen dem alten Mann und der kleinen Bande. Was die jungen Leute anfangs aus eigenem Antrieb heraus getan haben, verkommt zur bezahlten Arbeit. Die Motivation, den alten Mann zu ärgern, verwandelt sich in die Motivation, Geld zu verdienen. Sobald sich der Lohn ändert, ändert sich auch ihr Antrieb.
Sinn und Freude sollten aus der Arbeit entstehen, nicht aus der Bezahlung
Was können Sie aus dieser Geschichte für die Arbeit im Unternehmen lernen? Achten Sie darauf, dass Sie und Ihre Mitarbeiter die Motivation in Ihrem Berufsleben hauptsächlich aus der Freude an der eigenen Arbeit ziehen. Lassen Sie es nicht zu, dass Sie nur noch arbeiten, um Geld zu verdienen. Wie Sie sich dessen bewusst werden können, ist einfach erklärt: Stellen Sie sich vor, Sie besäßen alles Geld der Welt. Was würde sich in Ihrem Leben ändern? Was würden Sie dann tun? Und was würden Sie dann nicht mehr tun? Was würden Sie dann anders tun? Notieren Sie all Ihre Gedanken, denn das ist das Leben, das Sie in Wahrheit führen wollen, unabhängig vom Lohn.
Übung: Die Lottofee kommt
Wenn diese Gedanken allzu weit von Ihrer Realität entfernt sind, lassen Sie uns eine andere, ähnliche Übung durchführen: Eine gute Fee kommt heute Nacht zu Ihnen und erzählt Ihnen von einem Lottogewinn: Mehrere Millionen Euro gehören ab morgen Ihnen. Sie können also völlig befreit von finanziellen Zwängen Ihr restliches Leben neu gestalten, ganz nach Ihren Wünschen. Was tun Sie? Was planen Sie? Wie und was ändern Sie?
Bis hierher ähnelt diese Übung der vorigen. Doch nun nimmt sie eine andere Wendung. Am nächsten Morgen kommt die gute Fee mit schlechten Neuigkeiten zu Ihnen: Mit dem Lottogewinn wird es doch nichts. Sie müssen also mit Ihren bisherigen Mitteln auskommen. Werfen Sie nun nochmals einen Blick auf die Liste, die Sie vorhin erstellt haben. Was davon können Sie dennoch umsetzen? Welche Pläne können Sie trotzdem, vielleicht in etwas geringerem Umfang, umsetzen? Welche Punkte vermissen Sie besonders? Wie sehr vermissen Sie das viele Geld, oder geht es Ihnen überhaupt ab?
Die beste Motivation besteht unabhängig vom Gehalt
Ich finde, dass es wunderbar ist, viel Geld zu besitzen. Daher empfehle auch ich Ihnen: Entscheiden Sie sich für ein Leben in Wohlstand, denn ich halte es für ein besseres, schöneres und einfacheres Leben. Verkaufen Sie jedoch Ihre Seele niemals an das Geld, und erwarten Sie es auch nicht von Ihren Mitarbeitern. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass nicht Sie das Geld besitzen, sondern das Geld besitzt Sie. Meiner Meinung nach sind Sie dann völlig frei, wenn Sie im Leben genau das tun können, was Sie tun wollen, mit oder ohne Geld. Erst in diesem Umfeld können Mitarbeiter wahre Bestleistungen erbringen.
Sinn und Freude an der Arbeit sind nicht verkäuflich