Wir haben uns auf den Weg gemacht, um eine für HRweb passende gendergerechte Schreibweise zu finden. Wir haben viel recherchiert, noch mehr diskutiert und kommen zu dem Schluss: die EINE Lösung für richtig Gendern existiert nicht. Toll, das gibt uns Spielraum!
Wenn Sie möchten, erzähle ich Ihnen mehr über unseren Weg ins richtige Gendern und weshalb wir welche klare Strategie für HRweb gefunden haben.
Ganz persönliche Sichtweise
Seit Jahren setze ich mich über gendergerechte Schreibweise hinweg. Weil ich Gendern – ganz persönlich – nicht mag. Ich mag es nicht, mich besser fühlen zu sollen, weil ich als weibliche Person mich in Teilnehmer*innen inkludierte sei als in Teilnehmer. Sorry, nein. (Und lassen Sie mich ganz leise hinzufügen, denn laut sagen darf man es ja nicht: bevor das Binnen-I existierte, durfte ich Texte einfach lesen, ohne mich dabei diskriminiert zu fühlen)
Rein kognitiv verstehe ich die Argumente für gender-inklusive Sprache. Doch emotional … grrrr … ich will doch einen Fachtext wegen des Inhalts lesen und nicht laufend über Geschlechterbezeichnungen stolpern müssen.
Aber: Auch wenn ich es persönlich ablehne, so stellt HRweb doch eine Größe in der HR-Szene dar und hat Vorbild- & Vorreiter-Wirkung. In dieser Branche ist richtig Gendern nun mal ein wichtiges Thema – dem möchten wir unsere Achtung entgegenbringen.
Und: ich habe ja so einiges über richtiges Gendern gelesen. Eine Aussage gefällt mir – als Frau – besonders gut: „Lang genug waren Frauen in der männlichen Form mit-gemeint. Ab jetzt schreiben wir die weibliche Form. Sollen sich die Männer bitte mit-gemeint fühlen“, gepaart mit „sollen die Männer mal nicht so zimperlich sein, sie sind ja eh mit-gemeint!“
So nicht
Wogegen ich mich nach wie vor wehre, sind Schreibweisen über die ich beim Lesen stolpern würde. Genauso Schreibweisen, die den Text unnötig verlängern (ein ständiges „der Kunde oder die Kundin“ oder das nur minder kürzere „der*ie Kund*in“)
So schon
Künftig werden wir sanft gendern. Ohne Verbissenheit, immer den Textfluss im Blick. Das wird eine Gratwanderung, das ist mir bewusst. Und immer immer immer muss der Inhalt im Vordergrund stehen.
Richtig gendern – die Suche nach der Wahrheit
Die gute Nachricht zu Beginn: wie schon erwähnt gibt es nicht die eine einzig richtige Lösung. Das ist gut, denn das lässt uns Freiheit. Das ist weniger gut, denn es zwingt uns, selbst nachzudenken. Unsere Lösung finden wir auf einem langen Weg durch
- Erfahrungen anderer: wie gehen Fachmedien und diverse Blogs damit um?
- Leser-Wünsche: eine breite Umfrage bei HRweb-Leserinnen und weiteren HR-Gruppen bringt klare Ergebnisse
- Autoreninnen-Wünsche: Das HRweb-Autoren-Team ist ja bewusst sehr heterogen aufgestellt (um alle Winkel von HR beleuchten zu können) und das spiegelte sich auch in der kunterbunten Meinungsbreite zum Thema Gendern wider: von wohlduchdachten tiefgründigen Meinungen über wissenschaftliche Studien bis hin zu „wenn wir gendern müssen, schreibe ich nicht mehr“ war alles dabei. Es war mir eine Freude, mit einigen von ihnen zu diskutieren und ihre Meinung einfließen zu lassen.
- Ein Galopp durchs Internet und das Straucheln über Neo-Pronomen
Um den Rahmen eines einzelnen Artikels hier nicht komplett zu sprengen – und dennoch Ihre Neugier zu stillen – nehme ich Sie gerne in all diese Abzweigungen mit. Jeweils in einem getrennten Beitrag. Bitte um ein klein wenig Geduld, sie gehen sukzessive online.
Der HRweb-Weg des Genderns
Letztendlich haben wir uns für eine Version entschieden, die klar auf gendersensible Sprache eingeht, doch den Inhalt nicht aus Augen verliert:
- Wir verwenden die weibliche und männliche Form im Wechsel. Das heißt konkret: die erste Erwähnung beinhaltet zB „Kundinnen und Kunden“, danach wird nur eines der beiden genannt, mal die eine Version, mal die andere.
- Und wo immer möglich werden wir geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwenden wie Person, Mitarbeitende, etc. Doch dadurch darf ein Satz und der Inhalt dann nicht unnatürlich und verkrüppelt erscheinen.
Das erscheint uns als solide Lösung, die den Lesefluss nicht beeinflusst und den Fokus auf dem Inhalt behält. So einfach und lesefreundlich und gendergerecht.
Dass es tendenziell dennoch binär bleibt, ist uns bewusst. Mal sehen, wohin es uns in 5 Jahren getragen hat – vielleicht schreiben wir dann selbst aus Überzeugung „Niewers kann eins verstehen“.
Unterm Strich
Es war unglaublich spannend, in die Tiefe des richtigen Genderns zu steigen. Spannend und teilweise sehr sehr verwirrend. Ich bin froh, dass wir dieses Projekt abgeschlossen und eine hervorragende Lösung gefunden haben.
Seien Sie nachsichtig wenn uns doch ein Übermaß an dieser oder jener Version in einem Artikel ausrutscht. Wir möchten uns auch beim Schreiben auf den Inhalt konzentrieren anstatt männlich-weiblich-Bezeichnungen zu zählen. Diese Änderung gehen oft nicht von heute auf morgen und manchmal beanspruchen Inhalt und Lesefluss eben auch ihren Raum.
2 Aussagen nehme ich aus dem Text nochmal heraus:
- Ich mag es nicht, mich besser fühlen zu sollen, weil ich weiblich bin und mich in Teilnehmer*innen inkludierter fühle.
- „Lang genug waren Frauen in der männlichen Form mit-gemeint. Ab jetzt schreiben wir die weibliche Form. Sollen sich die Männer bitte mit-gemeint fühlen“, gepaart mit „sollen die Männer mal nicht so zimperlich sein, sie sind ja eh mit-gemeint!“
Nach dem umfassenden Gender-Prozess, den wir objektiv für HRweb – und ich selbst ganz subjektiv – durchlaufen haben, sind diese beiden Aussagen immer punktgenau stimmig.
Rein aus Trotz würde ich ja tatsächlich gerne alles weiblich schreiben oder das „generische Neutrum“ (alles ist sächlich) verwenden. Doch wir sind hier nicht im Kindergarten und in Fachartikeln hat Trotz nichts zu suchen.