Was motiviert Mitarbeitende der Hotellerie langfristig dem Arbeitgeber verbunden zu bleiben? Eine Befragung bzgl. Mitarbeiterbindung gibt Aufschluss, wie und womit Hoteliers „Treuepunkte“ bei ihren Mitarbeitenden sammeln können.
INHALT
Der Fachkräftebedarf in der Hotellerie ist und bleibt eine bedeutende Herausforderung. Treiber der prekären Lage sind unter anderem der Rückgang an Lehrlingen, die bevorstehende Pensionierung der sogenannten Babyboomer-Generation, die Folgewirkungen der Pandemie und nicht zuletzt eine hohe Fluktuationsrate. Eine Lösungsstrategie kann darin gesehen werden, die Bleibemotivation kompetenter Fachkräfte zu fördern. Ziel einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit am Studienbereich Personalmanagement der FHWien der WKW war es daher, Maßnahmen herauszuarbeiten, die Mitarbeitende nachhaltig an die Hotellerie binden.
Ideen und Ansätze zur Steigerung der Mitarbeiterbindung
Zur Ermittlung von Wünschen und Bedürfnissen wurde im Februar/März 2022 eine Online-Befragung unter Mitarbeitenden der österreichischen (Land-)Hotellerie durchgeführt. Die Fragen bezogen sich insbesondere auf die Bereiche Vergütung, Work-Life-Balance, Arbeitsatmosphäre, persönliche Entwicklung und Unternehmenskultur.
Die Meinungen der 285 Teilnehmenden im Alter von 17 bis 63 Jahren – 81% der Befragten arbeitete zum Zeitpunkt der Erhebung in 4-Sterne-Hotels – lieferten wertvolle Erkenntnisse aus unterschiedlichsten Abteilungen: von Restaurant bis Direktion, von Reinigung bis Front Office, von Massage/Kosmetik bis Küche. Im Durchschnitt waren die Befragten ein bis drei Jahre im aktuellen Unternehmen beschäftigt. Die nachfolgend beschriebenen Ergebnisse sind absteigend sortiert, beginnend mit dem Thema höchster Relevanz, gemäß Wahrnehmung der Befragten.
Gehalt
Ein höheres Gehalt, als in der Hotellerie-Branche üblich, ist für 70% der Befragten der größte Motivationsfaktor in der Mitarbeiterbindung, um weiterhin dem Arbeitgeber treu zu bleiben. Selbst Befragte, die angeben von ihrem Gehalt gut leben zu können, stufen eine angemessene Vergütung als wichtigsten Aspekt ein. Lediglich die Gruppe der Geschäftsführenden reihte die Vergütung an dritter Stelle, nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance und einem tollen Arbeitsklima im Team.
Auf die Frage nach ansprechenden Benefits, stehen ebenfalls monetäre Anreize an oberster Stelle. Vor allem für junge Personen sind ein hohes Gehalt und zusätzliche Boni Motivatoren, um im Unternehmen zu bleiben. Zwar sind weitere Anreize wie eine Mitarbeiterunterkunft oder private Vorsorgen ebenfalls von Bedeutung, jedoch sprechen diese Anreize deutlich weniger Personengruppen an als eine Erhöhung des Grundgehalts.
Work-Life-Balance in der Hotellerie
In der Umfrage bzgl. Mitarbeiterbindung wurde deutlich, dass Mitarbeitende, die mit ihren Arbeitszeiten überwiegend unzufrieden sind, wahrscheinlicher das Unternehmen im nächsten Jahr verlassen. Auffallend ist, dass jüngere Arbeitnehmer mit ihren Arbeitszeiten deutlich unzufriedener sind als ältere Arbeitnehmer. Außerdem wurde eine klare Präferenz zu einer früheren Bekanntgabe von Dienstplänen deutlich, da die Befragten dadurch ihr Privatleben besser mit dem Beruf in Einklang bringen können. Lediglich 13% finden es gut, dass der Dienstplan sehr spät erstellt wird, um kurzfristige Wünsche bekannt zu geben. Im Fall von Überstunden ziehen 54% von 229 Befragten eine Abgeltung durch Zeitausgleich vor, 28% der Respondenten wünschen sich eine Ausbezahlung, 18% haben diesbezüglich keine Präferenz.
Die Mehrheit der Befragten bevorzugen eine 4-Tage-Woche gegenüber einer 5-Tage-Woche. Vor allem die junge Generation und Mitarbeitende, die noch nicht so lange im Unternehmen arbeiten, stehen einer 4-Tage-Woche positiv gegenüber. Eine 4-Tage-Woche bevorzugen zudem jene, die gemäß Umfrage aktuell weniger gerne in der Hotellerie arbeiten und es für wahrscheinlicher halten, das Unternehmen im nächsten Jahr zu verlassen. Eine Anpassung der Arbeitszeitmodelle könnte somit einer hohen Fluktuation entgegenwirken.
Arbeitsatmosphäre
In Bezug auf die Arbeitsatmosphäre wurde vor allem das Zusammenspiel mit Kollegen und Führungskräften näher betrachtet. Für die befragte Stichprobe ist ein tolles Arbeitsklima im Team der drittwichtigste Faktor, um der Hotellerie treu zu bleiben. Unterschiede zeigen sich bei den Geschäftsführenden, für die das Arbeitsklima an erster Stelle steht. Sowohl die Beziehungen zu Führungskräften als auch die Beziehungen zu Kollegen sind für die Befragten bedeutend. Je besser sich die Befragten mit den Personen ihres Arbeitsumfeldes verstehen, desto wahrscheinlicher bleiben sie auch weiterhin im Unternehmen.
73% der Befragten sind sehr bzw. überwiegend der Meinung, dass ihre Führungskraft um ihr Wohlbefinden bemüht ist. Je mehr die Befragten der Meinung sind, dass sich ihre Führungskraft um ihr Wohlbefinden bemüht, desto lieber arbeiten sie in der Hotellerie und desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie im nächsten Jahr das Unternehmen verlassen.
Persönliche Weiterentwicklung
Die Aussicht auf berufliche Weiterentwicklung ist für viele Mitarbeitende ein Motivationsgrund, um im Unternehmen zu bleiben. 76% von 227 Teilnehmenden freuen sich sehr oder überwiegend, wenn das Unternehmen Weiterbildungsangebote bietet. Auch wenn die Bereitschaft zu Weiterbildungen bei der Mehrheit der Befragten gegeben ist, sinkt diese jedoch mit steigendem Alter. Besonders im ersten Jahr der Betriebszugehörigkeit ist die Bereitschaft zu Weiterbildung am höchsten.
Unternehmenskultur
Befragten über 35 Jahren ist es wichtiger, sich mit den Werten und Zielen des Unternehmens identifizieren zu können, als Befragten unter 35. Zudem zeigen Befragte in höheren Positionen ein größeres Bedürfnis, sich mit den Werten und Zielen des Unternehmens zu identifizieren.
Die Aussage „Ich bin stolz, wenn ich anderen sagen kann, dass ich in der Hotellerie arbeite“ trifft für 56% der Befragten zu. Je jünger die Befragten, umso niedriger das Gefühl von Stolz.
Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass die Authentizität der Arbeitgebermarke eine wichtige Rolle in der Mitarbeiterbindung spielt. Befragte, die das Gefühl haben, dass die nach außen hin vermarktete Arbeitgebermarke nicht mit der von ihnen erlebten Realität übereinstimmt, verlassen eher das Unternehmen. Weniger als die Hälfte der Befragten (45%) sind der Meinung, dass das Arbeitgeberbild sehr oder überwiegend mit der Realität übereinstimmt.
Fazit zur Mitarbeiterbindung in der Hotelerie: Angemessen bezahlen, junge Talente fördern, Versprechungen halten
Die Vergütung der Arbeitsleistung ist nach wie vor einer der Hauptgründe, warum Mitarbeitende das Unternehmen verlassen, aber auch, warum sie dem Unternehmen treu bleiben. Ein im Vergleich zu anderen Branchen wettbewerbsfähiges Gehalt wäre ein wirksamer Schritt zur Bekämpfung des Personalmangels und um Abgänge in andere Branchen zu vermeiden. Aufgrund des stark teamorientieren Arbeitsumfeldes sind interne Vernetzungsmöglichkeiten besonders wichtig und bereits bei der Rekrutierung sollte auf den richtigen Fit im Team geachtet werden. Vor allem junge Talente können durch angebotene Weiterbildungsmöglichkeiten gefördert und an das Unternehmen gebunden werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei angebotenen Weiterbildungsmöglichkeiten auch auf den richtigen Zeitpunkt geachtet werden sollte. Bis zu einem Jahr Unternehmenszugehörigkeit ist die Bereitschaft für Fortbildungen am höchsten. Unternehmen können sich diese erhöhte Motivation zunutze machen, indem sie im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs Entwicklungsschritte identifizieren, planen und umsetzen. Nicht zuletzt gilt es die Authentizität ihrer Arbeitgebermarke zu prüfen. Trotz des akuten Fachkräftemangels sollen sich Hoteliers nicht dazu verleiten lassen, das Unternehmen oder die ausgeschriebene Stelle in sozialen Medien und auf Karriereplattformen anders zu vermarkten, als es der Realität entspricht.
Autorinnen
- Katharina Retter ist Verfasserin der Abschlussarbeit, Absolventin des Bachelorstudiums der FHWien der WKW und arbeitet aktuell als People & Culture Coordinator bei Zoku Vienna.
- Sigrid Maxl-Studler ist Academic Expert & Lecturer an der FHWien der WKW sowie Betreuerin der Abschlussarbeit
Quellen
- Dornmayr, H. & Rechberger, M. (2020). Unternehmensbefragung zum Fachkraftebedarf/-mangel, Fachkrafteradar 2020. ibw-Forschungsbericht, 204, im Auftrag der WKO, Wien
- Katzenschlager, M. (2020). Tourismus und Freizeitwirtschaft in Zahlen. Österreichische und internationale Tourismus- und Wirtschaftsdaten, 56, Wirtschaftskammer Osterreich, Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft