Als Unternehmerin und Psychologin mit stark wirtschaftlich orientiertem Background berät MMag. Corinna Häsele Unternehmen beim präventiven Umgang mit Stress und begleitet gestresste Menschen auf dem Weg in die Selbstwirksamkeit. In ihrem heutigen Interview gibt sie spannende Einblicke in Ihre Arbeit.
Gast-Autorin: Gabriele Presslinger
Inhalt
- Du betreibst eine Stressmanagement Plattform, bist Coach und Unternehmensberaterin. Was genau ist dein HR-Bezug?
- Was war das Ergebnis dieser Plattform?
- Wie näherst du dich den Organisationen? Musst du nicht ab und zu auch Überzeugungsarbeit leisten?
- Welche Benefits haben Unternehmen, sich mit Stressmanagement zu beschäftigen?
- Wie genau arbeitest du auf, mit und abseits deiner Plattform?
- Du sagst, Stress sei seit der Steinzeit "derselbe". Ist das nun eine gute Nachricht oder heißt das, wir haben es bis heute nicht verstanden?
- Das nennst du Empowerment, richtig?
- Verrätst du uns eine Übung, die jeder anwenden kann, um aufkommenden Stress zu managen?
- Interview-Partnerin
Interview
Du betreibst eine Stressmanagement Plattform, bist Coach und Unternehmensberaterin. Was genau ist dein HR-Bezug?
Durch mein Thema Stressmanagement habe ich starken HR-Bezug. Es geht um Menschen. Menschen in Organisationen, Führungskräfte und Mitarbeitende.
Die Plattform “Better Linked” habe ich durch eine Recherche zu Stress, bezogen auf die arbeitende Bevölkerung, gestartet. Ich begann meine Erhebungen damit, Ministerien, Statistik Austria und viele mögliche weiteren Stellen zu kontaktieren. Mit erstaunlichem Ergebnis: keiner hatte eine Antwort darauf, wie viele Menschen im Unternehmen Stress haben. Es gab damals hier einfach keine Daten darüber. In Deutschland bin ich dann fündig geworden: Der DAK Stressreport liefert valide Daten zur Entwicklung von Stress in der Arbeitswelt und zeigt, die Zahlen sind stark steigend. Es störte mich, dass über stressbedingte Belastungen und Arbeitsausfälle kaum gesprochen wird. Daraus habe ich Bedarf abgeleitet und wollte dem Thema eine Plattform bieten.
„Wir kennen nur die Spitze des Eisbergs“, das haben mir erfahrene HR-Kräfte bei den Studien zur Plattformentwicklung gesagt. Ihre Einschätzung über die Stressbelastung im Unternehmen war mit bezifferten 65% von Stress Betroffenen hoch. Die Quintessenz: Jeder hat Stress, niemand redet darüber. Stress ist nun einmal individuell und die Menschen trauen sich nicht, sich zu öffnen. Genau da setzt auch meine Plattform an. Ich wollte herausfinden, wie bereit Menschen sind, mit ihrer persönlichen Stress-Story über eine Plattform und anonym, auf andere Menschen zuzugehen und sich positiv auszutauschen.
Was war das Ergebnis dieser Plattform?
Das Ergebnis war sehr positiv. Ich merke hohe Solidarität, wenn Nutzer in einem vertrauensvollen Rahmen anonym und gleichzeitig authentisch sein können. In einer Organisation helfen Referenzen erfahrener Peers, sich sprichwörtlich wiederzufinden, weil man merkt, man ist nicht allein.
Wie näherst du dich den Organisationen? Musst du nicht ab und zu auch Überzeugungsarbeit leisten?
Ich kläre auf, bringe Zahlen-Daten-Fakten zu stressbedingten Erkrankungen und Unfällen, spreche Kostenausfall wegen Stress sowie die verminderte Produktivität an.
Es geht oft um den gemeinsamen Blickwinkel, wie das Unternehmen funktioniert: wie ist die Struktur, wie die Unternehmenskultur? Schließlich bemühe ich mich darum, das Bewusstsein zu schärfen, dass Stress individuell ist.
Ich organisiere Workshops oder inspirierende Impulse in Unternehmen, auf die man zurückgreifen kann und lade die Mitarbeitenden auf meine Plattform ein, die sich durch hohe Qualitätsstandards auszeichnet.
Welche Benefits haben Unternehmen, sich mit Stressmanagement zu beschäftigen?
Zusätzlich zu den vorhin erwähnten Kennzahlen und dem Einfluss auf ihre Entwicklung gibt es noch weiteren Nutzen für Arbeitgebende, sich mit Stressmanagement zu beschäftigen. Wenn eine Firma dahingehend (pro-)aktiv ist und auch nach außen propagiert, dass mentale Gesundheit ein Thema ist, zeichnet das ein Unternehmen aus und kann am Markt zum Alleinstellungsmerkmal werden.
Arbeitssuchende und Mitarbeitende merken, dass „mental health“ bei jenen Unternehmen nicht nur ein Schlagwort ist, sondern von der Organisation ernst genommen und offen damit umgegangen wird. Wenn Stress auf verschiedene Weisen thematisiert wird, also wenn es z.B. Angebote zu präventivem Stressmanagement gibt, signalisiert das, wir kümmern uns aktiv um dieses Thema. Es zeigt ein Verständnis und Bewusstsein, dass Stress individuell ist und der einzelne Mitarbeitende sich einbringen kann, etwas zu lernen und Gutes für seine Gesundheit zu tun.
Wie genau arbeitest du auf, mit und abseits deiner Plattform?
Ich arbeite präventiv, das ist mir wichtig – im Einzelnen oder in der Gruppe. In Organisationen entstehen dann öfter Gemeinschaftsprojekte, die von der Geschäftsführung initiiert werden. Auch Menschen, die aktuell keinen Stress haben, sollen mitgenommen werden. Es hat sich bewährt, dass Menschen in diesem Status mit Übungen zur Stressprävention beginnen, weil sie so Sicherheit in der Anwendung und ganz viel Zuversicht gewinnen. Das wirkt sich sehr positiv aus.
Auf der Plattform steuere ich die Aktivität über Themen, die eingebracht werden. Und die sind sehr unterschiedlich. Mir ist außerdem wichtig, eine Plattform zu betreiben, auf der nicht nur „gejammert“ wird und das gelingt uns sehr gut.
Du sagst, Stress sei seit der Steinzeit „derselbe“. Ist das nun eine gute Nachricht oder heißt das, wir haben es bis heute nicht verstanden?
Eine gute Nachricht! Wir nutzen die Tatsache, dass sich Stress in unserem Körper seitdem gleich äußert. Wir bereiten uns auf Flucht oder Kampf vor. Blutdruck und Puls steigen, wir atmen schneller, Herzklopfen setzt ein. Wenn dem Gehirn dann signalisiert wird – und genau das kann mit der Zeit gut trainiert werden – „Kein Stress, es ist keine Gefahr da“, dann fährt auch der Stress Level herunter.
Damit steigt die vorhin erwähnte Sicherheit in mir, dass ich selbst eingreifen, etwas tun und in mir bewirken kann.
Das nennst du Empowerment, richtig?
Genau. Jugendliche zum Beispiel sind sehr offen dafür, etwas selbst anzugehen, sie sind stark im Empowerment und möchten auch etwas für sich selbst tun.
Es wäre eine sinnvolle Maßnahme für Unternehmen, das Thema auch bei Lehrlingen im Unternehmen anzusprechen und ihnen Angebote zu Stressmanagement zugänglich zu machen.
Verrätst du uns eine Übung, die jeder anwenden kann, um aufkommenden Stress zu managen?
Ja, gerne! Die folgende Übung eignet sich vor oder während eines schwierigen Gespräches:
Stelle deine Füße gut auf den Boden und spüre hin zu den Fußsohlen.
- Wie sind die Auflageflächen deiner Füße am Boden?
- Spürst du den linken oder rechten Fuß fester am Boden verankert?
- Stehst du eher auf den Zehen oder eher auf der Ferse?
- Stehe fest und sicher. Nimm dir einen Moment Zeit, um deine Füße gut am Boden zu spüren.
Die Übung kann man direkt “vor” seinem Gegenüber z.B. in einem Kundengespräch machen. Die Konzentration auf wenige Zentimeter am Boden stabilisiert und stärkt uns im Hier und Jetzt.
Vielen Dank für das Interview, Corinna. Und herzliche Gratulation an der Stelle auch zum 2. Geburtstag von „Better linked“, der dieser Tage gefeiert wird! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und Freude dabei.
Den eigenen Stresslevel im Job aktiv steuern
Interview-Partnerin
MMag. Corinna Häsele, CEO & Gründerin des Startups „Better linked“ ist ausgebildeter Wingwave® Coach und Expertin für Stressmanagement.
Seit Anfang 2023 betreibt sie die wissenschaftlich erforschte Stress.Performance.Plattform „Better linked“. Geboten wird Zugang zu hochqualitativen Ressourcen und Know-How im zielgerichteten Selbstcoaching. Autonomes mentales Coaching ermöglicht den Nutzern der Plattform selbstwirksam und resilient durch ihren Alltag zu gehen, bevor Stress das Kommando übernimmt.
www.betterlinked.eu