Wenn Workation / Work from Anywhere (WFA) schon so oft gefordert wird, dann sollten es Unternehmen auch anbieten. So die Theorie. Werfen wir einen Blick in die Praxis:
INHALT
Gemeinsam mit Rödl & Partner und ICUnet.Group setzte HRweb.at im mai-juni2023 eine Umfrage um:
Hinter dem Begriff „Work-from-Anywhere“ (WFA) können sich unterschiedliche Motivationen verbergen. Neben dem Modewort „Workation“ und seiner Verbindung aus „work“ und „vacation“, also dem Wunsch den eigenen Arbeitsort temporär an einen Urlaubsort zu verlegen, können auch die Pflege von Angehörigen im Ausland, ein verlängerter Besuch von Kindern oder Eltern im Ausland und andere Beweggründe für WFA zutreffend sein.
Wir steigen ein mit der Frage „Bietet Ihr Unternehmen ein WFA (Work from Anywhere)-Programm?“ und geben als Antwort-Möglichkeiten
+2 JA – hohe Nutzung
+1 JA – tw genutzt
+0 JA – wird jedoch nicht genutzt
-1 NEIN – ist aber bereits in Planung
-2 NEIN – ist kein Thema
Das Ergebnis: 54 % der befragten Unternehmen besitzt ein WFA-Programm und nutzt es auch (teilweise bis stark). 38 % Nutzen es nicht (oder besitzen keine derartigen Programme)
Hier gab es eine erstaunlich klare Antwort – wir fragten: „Wenn Sie ein WFA-Programm haben / einrichten möchten: wie wichtig ist Ihnen Compliance?“
Die Antwort-Möglichkeiten anhand des Schul-Systems:
1 – sehr wichtig
2
3
4
5 – unwichtig
Die Antworten fielen unglaublich einstimmig aus: es gab keine einzige 4er oder 5er-Meldung. Der Großteil (68 %) vergibt ein klares „Compliance ist bei uns sehr wichtig“, 21 % nennen einen 2er, 11 % einen 3er.
Nein, eigentlich ist die Antwort keineswegs erstaunlich oder verwunderlich, denn: wem Compliance nicht wichtig ist, der hat sich mit dem Thema noch nicht wirklich auseinander gesetzt und der wird auch kein WFA-Programm installiert haben. Die Frage lautete ja: Wenn Sie ein derartiges Programm bereits haben bzw. einrichten möchten“. Daher ist exakt diese Antwort-Range naheliegend.
Diverser sind die Antworten auf die Frage: „Würde Ihr Unternehmen eine DIGITALE LÖSUNG nutzen, die Mitarbeitenden schnell und einfach Auskunft über Umsetzbarkeit und Rechtskonformität ihrer WFA-Anfrage gibt?“
Auch hier bedienen wir uns dem Schulnotensystem 1 bis 5. 50% nennen digitale Lösungen als ‚“sehr wichtig“, doch immerhin 9 % vergeben 4er und 5er – sehen digitale Tools dafür also als gänzlich unwichtig an.
Die Frage 4 nahmen wir in die Umfrage auf, um zu erheben, wie gut der Wissensstand ist bezgl. der hineinspielenden Rahmengesetze.
Die konkrete Frage lautete: „Welche der folgenden Gesetze oder Regelungen sind Ihrer Meinung nach für Work-from-Anywhere-Programme relevant?“
wobei Mehrfachnennungen möglich waren.
Die Auflösung ist: ALLE diese Gesetze und Regelungen sind für internationales Workation relevant mit Ausnahme von Reisekostenregelung (Diäten) und Mutterschutzgesetz.
Diese Frage hat so große Wichtigkeit, da sie aufzeigt, wie lückenhaft das Wissen jener Personen ist, die sich eigentlich für die Umsetzung von Workation verantwortlich fühlen. Mir ist völlig bewusst, wie groß und ungreifbar dieses Thema ist und mich wundert es wenig, dass die meisten sehr im Dunkeln tappen.
Die höchste Trefferquote hatte das Sozialversicherungsgesetz. 94 % der Befragten gaben an, dass es relevant ist für Work-from-Anywhere. Doch es geht runter bis zu 22 % – so wenige hätten das Urlaubszeitgesetz als Workation-relevant eingestuft. Irgendwo im unteren Mittelfeld spielen jene Gesetze & Regelungen mit, die NICHT in Workation-Überlegungen einfließen, nämlich Reisekosten (36 %) und Mutterschutzgesetz (26 %). Die konkreten Prozentsätze sehen Sie übersichtlich in der Infografik.
Gerne würde ich einen Anhaltspunkt bekommen über den grundsätzlichen Umgang der Unternehmen mit HR-Prozessen. Daher werfen wir einen Blick darauf, wie damit generell in den befragten Unternehmen umgegangen wird. Die konkrete Frage: „Wie geht Ihr Unternehmen generell mit steigender Arbeitslast in HR-Abteilungen (z.B. zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität) um?“
Die häufigsten Maßnahmen sind offensichtlich zusätzliche Headcounts und organisatorische Maßnahmen. Nur 13 % der Unternehmen machen nichts.
Die für mich wohl spannendste Frage ist jene in Bezug auf die Compliance-Risiken. Konkret fragten wir: „Wie geht Ihr Unternehmen mit anderen Compliance-Risiken wie beispielsweise bei Dienstreisen mit der A1-Bescheinigung und/oder EU-Meldung (posted worker notification) um?“
Die mögliche Antwort Range, wieder im Schulnoten-System:
1 – kein Risiko, jede Dienstreise wird geprüft
2
3 – wenn sich erste Kontrollen ankündigen, wird reagiert
4
5 – wir lassen es drauf ankommen
Die Auswertung ergibt ein klares Bild: ein überwiegender Teil der Unternehmen nimmt es sehr genau mit Compliance. Sehr wenige sind risikofreudig. Das ist wenig verwunderlich, denn es steht viel auf dem Spiel.
Diese Frage „Gibt es kritische Überlegungen, die Sie im Zusammenhang mit WFA-Programmen haben? Wenn ja, welche?“ stellten wir bewusst offen und gaben Raum für qualitative Antworten.
Erfahrungsgemäß werden qualitative Antworten (freier Text) weit seltener gegeben als quantitative Antworten (pures Anklicken vorgegebener Antwort-Optionen). Der Grund dafür liegt zum Großteil an der erforderlichen Zeit und Energie.
Gerne picke ich Ihnen ein paar der Antworten heraus:
Ich habe mich sehr gefreut, dass sich bereits so viele Unternehmen aktiv mit Work-from-Anywhere auseinandersetzen. Im Detail zeigt sich zwar, dass das Wissen dem Wollen noch etwas hinterher hinkt, doch das kann ja nachgeholt werden. Auf jeden Fall lässt es Positives für die Zukunft hoffen!
Und wer auf den Geschmack gekommen ist, den Mitarbeitenden Work from Anywhere anbieten – sich jedoch nicht in die Untiefen der Gesetze, Vorschriften, etc begeben – möchte, hat mein vollstes Verständnis. Ich persönlich würde mir dann professionelle Hilfe holen (ein kurzes Gespräch oder gleich den Gesamt-Prozess auslagern), um mich ja nicht in die Nesseln zu setzen. Ich würd’s mir einfach machen und mich an Kurt Beichl (ICUnet.Group) und Thorsten Beduhn (Rödl & Partner) wenden (ja, ich darf hier so offensichtlich Werbung machen, denn ICUnet kenne ich seit über einer Dekade und Kurt Beichl noch ein paar Jährchen länger).
UMFRAGE-ERGEBNIS
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